Alarme, TV, ratternde Wagen, klingelnde Telefone oder Gespräche zwischen Mitarbeitenden, Besuchern und Patienten. In Spitälern gibt es eine Reihe potenzieller Lärmquellen. Und das ist zunehmend ein Problem, wie Wissenschaftler des forschungsstarken King's College in einem Leitartikel im Fachmagazin
«BMJ» schreiben. Denn der Lärm übertreffe regelmässig internationale Empfehlungen zu den Richtwerten: «Selbst auf Intensivstationen wurden Lärmpegel von über 100 Dezibel gemessen»,
schreiben die Forscher um Andreas Xyrichis vom King's College. Dies entspricht lauter Musik über Kopfhörer.
Lärm in Spitälern erschwere in erster Linie die Kommunikation zwischen den Mitarbeitenden. Hohe Geräuschpegel verursachen aber nicht nur Ärger, Gereiztheit, Ermüdung oder Stress, sondern tragen laut den Autoren auch zu Burnout beim Personal bei. Mehr noch: Lärmbedingter Stress beeinträchtige die Qualität und Sicherheit der Gesundheitsversorgung sowie das Pflegeverhalten, so die Forscher weiter. Bei Patienten verhindere Lärm zudem, dass sie sich ausruhen und erholen können. Dies wiederum könnte dem Heilungsprozess schaden.
Vier von zehn Patienten wachen durch Lärm auf
Störende Geräusche werde ferner mit Intensivstation-Psychosen, erhöhter Schmerzempfindlichkeit, hohem Blutdruck und schlechter psychischer Gesundheit in Verbindung gebracht. Lärm im Spital soll zudem negative Folgen für den Schlaf haben: Vier von zehn Spitalpatienten in Grossbritannien sind nachts durch Lärm belästigt. In Studien wurde darüber hinaus festgestellt: Herzpatienten, die in lauter Umgebung behandelt wurden, weisen eine höhere Inzidenz der Rehospitalisierung auf als andere Patienten.
LAndreas Xyrichis et al. «Noise pollution in hospitals», in: «BMJ», November 2018.Für die Forscher des King's College und der University of the Arts London (UAL) muss deshalb ein neuer Ansatz her. Ein Ansatz, der die Klanglandschaft des Spitals als positiven und formbaren Bestandteil der Umgebung betrachtet. Allerdings werden nicht alle Geräusche von den Patienten als Lärm wahrgenommen - zum Beispiel empfinden manche den Klang des Teewagens als angenehm und assoziieren ihn mit einem warmen Getränk. Die Forschung habe ausserdem gezeigt, dass einige Intensivpatienten Klingeltelefone als Zeichen dafür begrüssen, dass sie nicht alleine sind.
Schulungen, Lärmwarnsysteme, Sound-Masking
Dennoch sind den Wissenschaftlern zufolge mehr Massnahmen zur Bewältigung dieses zunehmenden Lärmproblems angezeigt: Als Lösungsansatz nennen die Autoren zum Beispiel mehr Aufklärung oder Leitfäden, damit sich Patienten oder Angehörige besser vorbereiten können. Generell sei in Spitälern eine Kultur zu fördern, in der die Lärmreduzierung als wesentlicher Bestandteil einer sicheren und qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung betrachtet werde. Dies erreiche man zum Beispiel durch Schulungen oder durch Mittel wie Ohrstöpsel, Lärmwarngeräte, Akustikbehandlungspanel oder sogenannte Sound-Masking-Systeme, die im Hintergrund lärminduzierte Störungen reduzieren. Auch Patienten sollten in die Lösung des Problems mit einbezogen werden, schreiben die Studienautoren weiter.