Was ist geschehen?
Die sogenannte «Hirslanden-Steuer» ist zwar vom Tisch, im Kanton Zürich hält der Druck auf die Privatkliniken Hirslanden und Schulthess dennoch an. Am Montag überwies der Kantonsrat gleich zwei Vorstösse, welche von den Listenspitälern Mindestquoten verlangen.
Laut einer Initiative aus den Rängen der Grüne sollen diese Spitäler künftig mindestens 60 Prozent Allgemeinversicherte behandeln. Laut einer Initiative eines CVP-Vertreters soll die Quote bei 50 Prozent liegen.
Was heisst das konkret?
Die Vorhaben richten sich recht direkt gegen die Zürcher Hirslanden-Klinik, denn nur rund ein Viertel der dortigen Patienten sind lediglich grundversichert. Ebenfalls im Visier steht die Schulthess Klinik, bei der Grund- und Zusatzversicherte
etwa im Verhältnis Fifty-Fifty stehen. Es geht also letztlich darum, ob Hirslanden und Schulthess von der Zürcher Spitalliste gestrichen werden sollen.
Was sind die Absichten dahinter?
Es geht um Einsparungen. Über den Kantonsanteil bezahlt die Öffentlichkeit die stationären Aufenthalte von Zusatzversicherten mit, was wiederum zu den Gewinnen von Unternehmen wie Hirlanden oder der Schulthess Klinik beiträgt. Das geht vielen etwas zu weit. Es gehe nicht an, dass Hirslanden mit einem derart hohen Anteil an Zusatzversicherten auch noch 80 Millionen Franken pro Jahr vom Kanton erhalte, sagte Initiant Lorenz Schmid (CVP)
in der NZZ: Bei der Schulthess Klinik beträgt der Kantonsanteil, der für Zusatzversicherte ausgeschüttet wird, rund 20 Millionen Franken.
Was sagen die Gegner?
Erstens verweisen sie auf ein rechtliches Problem: Um auf die Quote zu kommen, müsste Hirslanden Zusatzversicherte abweisen, was allerdings dem Gesetz widerspräche.
Aus Sicht der Konsumenten wiederum droht eine Einschränkung. «Eine Patientenquote eliminiert die freie Spitalwahl», sagte Präsidentin Babette Sigg in der NZZ.
Der Verein Zürcher Krankenhäuser verwies schliesslich darauf, dass sich hier ein schwerer Systemeingriff abzeichne. Erster Punkt dabei: Jedes Spital sei auf die Quersubventionierung durch Zusatzversicherte angewiesen – es sei falsch, dieses Engagement im Erfolgsfall abzuschnüren.
Zweiter Punkt: Die grundversicherten Patienten der Kliniken Hirslanden und Schulthess müssten neue Spitäler suchen, falls die Idee umgesetzt würde; das wären etwa 9'000 Personen pro Jahr von Hirslanden und 4'000 von der Schulthess Klinik.
Andererseits könnte die Quote die Privatkliniken dazu bewegen, Zusatzversicherte zu vergrämen. Diese Patienten würden sich einfach ein anderes Spital suchen – ohne dass dies bei den Kosten Veränderungen gäbe. Profitieren würden die öffentlichen Spitäler. Oder aber die Quote würde die Privatkliniken dazu verleiten, Kapazitäten aufbauen: Sie würden mehr Grundversicherte aufnehmen. Damit würden die öffentlichen Spitäler noch schärfer konkurrenziert.
Ist das nur ein Zürcher Thema?
Nein. In St. Gallen gibt es bereits solche Obergrenzen, von der Regierung festgesetzt. Sie liegt derzeit bei 42,8 Prozent – der Anteil der Zusatzversicherten darf nicht höher sein. Deshalb kündigte die Kantonsregierung im Frühjahr an, dass dass die Klinik Hirslanden die Kriterien für einen Verbleib auf der St. Galler Spitalliste nicht erfülle. Nun gelte in diesem Jahr noch eine Übergangsfrist zur Anpassung.
Wie geht es weiter?
Der Entscheid des Kantonsparlaments ist bei weitem noch nicht definitiv. In der Abstimmung ging es lediglich darum, dass die Ideen nicht schon im Vorneherein beerdigt wurden. Nun folgt erst die Kommissionsarbeit, an dessen Ende ein konkreterer Gesetzesentwurf steht. Angesichts der bürgerlichen Mehrheiten – insbesondere des zu erwartenden Widerstands aus den Rängen von FDP, GLP und SVP – dürften die Chancen eher begrenzt sein.
Allerdings bleibt das Thema ohnehin virulent. Die Sozialdemokratische Partei hat in Zürich
eine Volksinitiative angekündigt, welche die im Parlament gescheiterte «Lex Hirslanden» nochmals aufbringt. Diese Idee sieht vor, dass ein Anteil der Gewinne aus den Einnahmen mit zusatzversicherten Patienten besteuert werden.