Die Spitaltarife bei den Zusatzversicherungen sind zu hoch und intransparent. Das ist weitgehend bekannt. Zumindest bei der Transparenz liessen sich in der Vergangenheit dank dem Druck der Finanzmarktaufsicht (Finma) Fortschritte erzielen.
Die Tarife sind aber immer noch zu hoch, was gemäss dem Preisüberwacher dem faktischen Kontrahierungszwang geschuldet ist, dem die Krankenversicherer weitgehend unterliegen.
Mehrwert muss beziffert werden
Doch was die Transparenz angeht, so ist höchstens insofern ein Fortschritt zu erkennen, indem bei Tarifverträgen nach dem Bottom-up Prinzip wenigstens die Krankenversicherer und die Aufsicht erkennen können, wie sich der Mehrwert einer Spitalkostenzusatzversicherung beziffert. Bei den früher üblichen Topdown-Verträgen war das nicht der Fall.
Völlige Intransparenz herrscht hingegen im Konkurrenzvergleich. Versicherer A weiss nicht, was Versicherer B im Spital X bezahlt. Eine Absprache unter den Krankenversicherern verstiesse gegen das Wettbewerbsrecht.
Völlig unverständlich und inakzeptabel sind die riesigen Kostenunterschiede der einzelnen Spitäler. Unverständlich, dass die Krankenversicherer solche Tarifunterschiede akzeptieren.
Das Kantonsspital St. Gallen verlangt für eine Hüftoperation eines halbprivat versicherten Patienten 12’645 Franken. Bei den Bündnern kostet der gleiche Eingriff gerade mal die Hälfte. Und das Kantonsspital Appenzell verlangt nochmals weniger, nämlich 5434 Franken. Die aufgeführten Tarife gelten für eine Gruppe von Krankenversicherern.
Die Kosten für die OKP kommen noch dazu
Wohlgemerkt: Es sind dies die Tarife für Leistungen, die nicht bereits durch die Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) abgegolten werden. Spitalpflege, operativer Eingriff, Operationssaal, Operateur, Anästhesist, Assistent, Implantat, Investionen… all das wird durch die Grundversicherung bezahlt.
Der in der Tabelle aufgezeigte Kostenvergleich gilt also nur für die Mehrleistungen einer halbprivaten oder privaten Zusatzversicherung. Sprich: freie Arztwahl und Zweibett- beziehungsweise Einbettzimmer.
Wie erklärt das Kantonsspital St. Gallen, dass sie für eine Routineoperation an der Hüfte mehr als das Doppelte in Rechnung stellt als die Kantonsspitäler Graubünden und Appenzell?
«Zu einzelnen Preisen nehmen wir nicht Stellung»
Die Antwort kommt so daher, wie man das von einer Kommunikationsabteilung nicht anders erwarten kann: «VVG-Verträge werden mit jedem Versicherer einzeln und individuell verhandelt. Zu einzelnen Preisen nehmen wir nicht Stellung, da wir dazu die Vertragsgrundlagen anderer kennen müssten.»
Wie
hier berichtet, hat der Krankenzusatzversicherer Innova aus Gümligen bei Bern aufgrund dieser Tarifwillkür alle Tarifverträge auf Ende 2020 gekündigt und den Spitälern ein eigenes, den Mehrleistungen entsprechendes Tarifsystem angeboten.