«Unsere Rolle ist nicht mehr wichtig»

Die Ärztegesellschaft des Kantons Freiburg (MFÄF) gab am Mittwoch ihren Austritt aus der kantonalen Covid-Taskforce bekannt. Die Hauptgründe: Fehlende Dialogbereitschaft und zu wenig Mitspracherecht.

, 5. November 2021 um 14:48
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Am vergangenen Mittwoch gab die Organisation Médecins Fribourg – Ärztinnen und Ärzte Freiburg (MFÄF) bekannt, dass sie aus der kantonalen Covid-19-Taskforce austreten werde. Im Sanitären Führungsorgan des Kantons werde sie aber verbleiben. Die Schweizerische Depeschenagentur berichtete darüber und zitierte aus dem Schreiben der Ärztegesellschaft, welches auch Medinside vorliegt.
«Wir haben in den letzten Monaten festgestellt», so die Organisation, «dass die Rolle der MFÄF zunehmend marginalisiert wurde.» Die MFÄF habe mehrfach versucht, die kantonale Covid-19-Taskforce auf dieses Thema aufmerksam zu machen – «leider ohne Erfolg». Sie könne ihre Expertise und Sichtweise aus der Praxis in diesem Gremium nicht mehr einbringen und fühle sich deshalb «überhaupt nicht mehr in der Lage, die Interessen der Patienten zu verteidigen», heisst es in der Mitteilung weiter.

«Die MFÄF hat kein Mitspracherecht mehr»

Die Organisation, der über 500 Ärztinnen und Ärzte angehören, begründet ihren Austritt aus der Freiburger Covid-Taskforce auch damit, dass es mit dem Dialog hapert: «Die Taskforce beschränkt sich in ihrer jetzigen Form auf eine Plattform für den Informationsaustausch und die Kommunikation von bereits im Vorfeld auf verschiedenen Ebenen (Kanton und/oder Bund) getroffenen Entscheiden.»
Fühlt sich die MFÄF also bei Covid-Entscheiden aussen vor gelassen? Philippe Otten, Vizepräsident der MFÄF und Facharzt für Neurochirurgie, sagt: «Unsere Rolle ist nicht mehr wichtig, die MFÄF hat kein Mitspracherecht mehr.» Es fehle an Dialogbereitschaft seitens der Covid-Taskforce, sagt Otten. Er betont aber zugleich, dass dies keine Kritik an der Taskforce sei.

Und die Vorgeschichte?

Vor einem Monat haben laut Otten einige Mitglieder der MFÄF eine E-Mail von der Kantonsapotheke erhalten – diese stiess bei vielen auf Unverständnis. Die Ärzte wurden von der Kantonsapotheke aufgefordert, ein Hygienekonzept sowie weitere Informationen zu liefern, um ihr Recht auf Ausstellung von Covid-Zertifikaten im Zusammenhang mit Antigen-Schnelltests aufrechterhalten zu können.
Die MFÄF-Leitung reagierte mit einer E-Mail (liegt der Redaktion vor), die sie an ihre Mitglieder schickte. Sie würde die Forderung der Kantonsapotheke an die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zutiefst bedauern, schreibt die MFÄF-Leitung. «Dieses mangelnde Vertrauen und der Respekt der kantonalen Behörden gegenüber den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ist seitens MFÄF nicht hinnehmbar und wir unterstützen diesen Ansatz in keiner Weise.»
Wie Otten auf Anfrage mitteilt, war die Forderung der Kantonsapotheke denn auch ausschlaggebend für den Entscheid, die kantonale Covid-Taskforce zu verlassen. Dies sei «la goutte d’eau qui fait déborder le vase» – also der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte – gewesen, so der Vizepräsident der MFÄF. 
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