Kristian Schneider findet es richtig, dass trotz der vielen leeren Betten keine Wahleingriffe durchgeführt werden können. Dies sagte der CEO des Spitalzentrums Biel in einem Interview mit
Medinside.
Andreas Gattiker, CEO im Kantonsspital Obwalden, sieht dies differenzierter. Zwar stellt er dem Bundesrat generell ein gutes Zeugnis aus. Doch hätte man nach seiner Einschätzung den regionalen Unterschieden besser gerecht werden müssen.
Obwalden ist nicht das Tessin
Im Tessin seien die Massnahmen was die Spitäler betrifft richtig und was das Ganze betrifft eher zu spät verordnet worden. In der Zentralschweiz hingegen seien die Massnahmen zu früh, zu streng und zu umfangreich durchgesetzt worden - jedenfalls was die Spitäler betrifft.
«Der Entscheid hätte regional besser abgestimmt werden müssen», meint Andreas Gattiker. Man hätte den Kantonen beziehungsweise den Spitälern eine gewisse Kompetenz geben dürfen.
«Dort, wo nichts gelaufen ist und absehbar nicht mehr viel läuft, sollten Kantonsregierungen jetzt die Möglichkeit erhalten, individuelle Lösungen zu finden», so Gattiker weiter.
Sarnen ist parat
Die Verhältnisse im Kanton Obwalden geben ihm Recht. Das Kantonsspital verfügt nicht über eine Intensivstation, hat aber jetzt angesichts der Corona-Krise provisorisch vier Intensivbetten mit vier Beatmungsplätzen eingerichtet. Die Idee war, Corona-Patienten nur vorübergehend in Sarnen zu beatmen und danach nach Luzern zu verlegen - natürlich unter der Voraussetzung, dass es am Luzerner Kantonsspital (Luks) genügend Platz hat.
Dies dürfte eh der Fall sein. Die zusätzliche Intensivstation, die das Luks errichtet hat, ist laut Gattiker inzwischen wieder geschlossen worden.
Das Kantonsspital Obwalden hat zudem zusätzliche Betten für die Eingangshalle bestellt, vor dem Eingang einen Container hingestellt und die 35 Betten des Kurhauses am Sarnersee requieriert. Alles blieb ungenutzt.
Nur vier Corona-Patienten im Kantonsspital
In Obwalden sind in den letzten drei Wochen 61 Coronapatienten positiv getestet worden; 7 mussten stationär behandelt werden; 4 in Sarnen und 3 in Luzern.
Aktuell sind von den 67 Betten deren 22 besetzt - eines davon durch einen Corona-Patienten, der aber dieser Tage entlassen werden dürfte.
Deshalb die dringende Frage: Wäre es wirklich ein Hochrisiko gewesen, in Sarnen Routineoperationen an der Hüfte oder am Knie durchzuführen? «Nein», findet Gattiker. Nach einer Hüftoperation liege ein Patient im Aufwachraum und bleibe fünf Tage im Spital.
Und dass ein Patient nach einem orthopädischen Eingriff ein Intensivbett beanspruchen würde, zum Beispiel weil er während der Ops einen Herzinfarkt erlitt, ist theoretisch denkbar, aber äusserst selten. «Mir ist noch nie ein solcher Fall begegnet», sagt der Spitaldirektor und frühere Arzt.
Andreas Gattiker studierte Medizin in Zürich und arbeitete danach als Assistenzarzt am Universitätsspital Zürich (USZ), bevor er in Fontainebleau einen MBA-Abschluss machte und für die Beratungsfirma PwC und später für den Labordienstleister Unilabs tätig war.