Die Einführung von ambulanten Pauschalen steht kurz bevor

Der nächste Schritt zur Einführung von ambulanten Pauschalen ist erfolgt: Sie sollen in Zukunft rund die Hälfte der ambulanten Spitalleistungen abdecken.

, 26. Juni 2023 um 11:58
image
Ambulante Pauschalen sind bereit zur Einführung, vor allem für ressourcenintensive Behandlungen an einem bestimmten Tag. | Freepik
Der Spitalverband Hplus und der Krankenversichererverband Santésuisse haben der Organisation ambulante Arzttarife (OAAT AG), der gemeinsamen Tariforganisation von Hplus und Santésuisse, das fertiggestellte Tarifwerk der ambulanten Pauschalen übergeben. In die neue Version 1.0 wurden die Rückmeldungen aus der Konsultation bei allen Tarifpartnern und Verbesserungsvorschläge aus dem Prüfbericht des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) eingearbeitet.
Die ambulanten Pauschalen sollen künftig rund die Hälfte des ambulanten Spitalvolumens abdecken und können laufend ausgebaut werden, wie die beiden Tarifpartner mitteilen. Dieser Schritt stelle einen «wichtigen Meilenstein» für das Schweizer Gesundheitswesen dar, da er nun in Kombination mit dem Einzelleistungstarif Tardoc der Ärzteverbindung FMH und des Verbandes Curafutura eine faire und transparente Abgeltung medizinischer Leistungen ermögliche.

Pauschalensystem beseitigt Fehlanreize

Mit den ambulanten Pauschalen könne «die Erfolgsgeschichte von SwissDRG» aus dem stationären Bereich nun auch im ambulanten Bereich fortgesetzt werden, heisst es. Für alle Beteiligten sei es ein grosser Vorteil, dass dank den Pauschalen gleiche Leistungen immer gleich bewertet würden. Damit werde eine effiziente und kostendämpfende Leistungserbringung belohnt.
Zudem beseitigen Pauschalen nach Ansicht der Tarifpartner Fehlanreize, die mit der heutigen Einzelleistungsvergütung Tarmed verbunden sind: So müsse bei ambulanten Pauschalen nicht mehr jede einzelne Leistung erfasst werden, sondern alle Leistungen wie Behandlungen, Material und Medikamente werden pauschal abgebildet und entsprechend vergütet.

Umfassendste Datenbasis

Die Entwicklung des ambulanten Pauschalentarifwerks basiert auf einer breiten Datenbasis, die von rund 30 Spitälern zur Verfügung gestellt wurde. Rund eine Million Fälle wurden ausgewertet, um die Leistungs- und Kostendaten zu ermitteln. Damit sei die Datenbasis der ambulanten Pauschalen so umfassend wie bei keinem anderen ambulanten Tarifwerk, heisst es weiter.
Wichtige Weiterentwicklungsschritte der Tarifversion 1.0 gemäss Mitteilung:
  • «Schärfung des Anwendungsbereichs: Die Tarifversion 1.0 fokussiert wesentlich stärker auf Leistungen in ressourcenintensiven Infrastrukturen und weniger auf praxisambulante Behandlungen. Mit der Version 1.0 werden 43 Prozent des Leistungsvolumens im spitalambulanten Bereich durch die ambulanten Pauschalen abgedeckt.
  • Präzisierung des Katalogs: Die Entscheidbaumlogik wurde basierend auf den Rückmeldungen überprüft und verbessert. Zudem wurde dank der Hinweise der Fachgesellschaften die medizinische Homogenität erhöht.
  • Für die Kindermedizin wurden Verbesserungen gemeinsam mit den Kinderspitälern umgesetzt: Der Finanzierungsgrad für das Patientenkollektiv «Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahre)» liegt bei genau 100 Prozent.
  • Schärfung der Anwendungsmodalitäten: Ein wesentlicher Vorteil des ambulanten Pauschalensystems besteht im sehr begrenzten Interpretationsspielraum in Bezug auf die Anwendungsmodalitäten. Dadurch reduziert sich der administrative Aufwand aufgrund von Nachfragen, Rückweisungen und juristischen Klärungsprozessen. Für die Version 1.0 wurden diese Anwendungsmodalitäten nochmals geschärft, was den Interpretationsspielraum nochmals verringert und die Effizienz erhöht.
  • Datenspiegel: Die Transparenz über quantitative Eckwerte der Tarifstruktur war ein zentrales Anliegen in den Rückmeldungen der medizinische Fachgesellschaften. Um diesem Anliegen Rechnung zu tragen, hat die Solutions Tarifaires Suisses im Frühjahr 2023 einen Datenspiegel entwickelt und bereits für die Version 0.3 auf der Website veröffentlicht. Damit können Anwender und Interessierte die Kennzahlen zur jeweiligen Tarifversion jederzeit im Detail einsehen.»

  • santesuisse
  • tardoc
  • ambulante pauschalen
  • hplus
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Tardoc und kantonale Höchstzahlen – eine toxische Mischung

In diesem Gastbeitrag erläutert Florian M. Buck, welche Auswirkungen der Tardoc-Tarif und die festgelegten Höchstzahlen für Ärzte auf unser Gesundheitssystem haben.

image

Kampf um ambulante Pauschalen: Drohen Ärzte mit Ablehnung?

Nationalrätin Martina Bircher befürchtet, dass ein Grossteil der Ärzteschaft und Teile der Versicherer ambulante Pauschalen ablehnen werden. Was der Bundesrat dazu sagt.

image

Spitalkrise: Die GDK stellt sich hinter Hplus und übt Druck auf Alain Berset aus

Die Spitäler fordern eine Erhöhung der Tarife um 5 Prozent. In einem Schreiben an Gesundheitsminister Alain Berset verleihen die kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren dem Anliegen Nachdruck.

image

Die stark steigenden Kosten gefährden unser Gesundheitswesen

«Damit die Prämien in 10 oder gar 20 Jahren noch bezahlbar sind, müssen wir jetzt reagieren», sagt Verena Nold, die Direktorin von Santésuisse.

image

Zu wenig ausgereift: Das Urteil der FMH

Die Ärztegesellschaft FMH ist mit der dritten Version der ambulanten Pauschaltarife noch nicht zufrieden. Aber sie will den Tardoc nicht gefährden.

image

«Der Tardoc wird Hausärzte besserstellen»

Die FMH-Präsidentin über den Fachärztemangel, die Dringlichkeitsklausel, die Ärztedichte, den Tardoc und das BAG.

Vom gleichen Autor

image

Kantonsspital Glarus verliert GL-Mitglied

Thomas Kühnis, Chef der Finanzen, Informatik und Betriebe, verlässt nach neun Jahren die Geschäftsleitung des Kantonsspitals Glarus.

image

Schatten über dem Verkauf des Spitals Flawil

Wurden beim Verkauf des Spitals Flawil die Vertragspartner getäuscht? Mehrere Kantonsparlamentarier verlangen Antworten von der St.Galler Regierung.

image

Kantonsspital Schaffhausen: Neue Leitung des Brustzentrums

Deborah Admaty übernimmt als Leitende Ärztin in der Frauenklinik die Leitung des Brustzentrum am Kantonsspital Schaffhausen.