Medtech: 10'000 Franken Preisunterschied für dasselbe Gerät

Anhand eines Herzschrittmachers zeigen die Tamedia-Zeitungen auf, wie teuer die Intransparenz bei Medizinaltechnik-Produkten ist.

, 30. Oktober 2023 um 08:18
image
Der untersuchte Pacemaker in einem Imagefilm von Biotronik.  |  Screenshot Youtube
Dass Technik-Produkte oft eigenartig teuer sind, sobald sie im Gesundheitsbereich eingesetzt werden: Dies ist ein recht offenes Geheimnis. Dass vertragliche Abmachungen zwischen Industrie und Spitälern hier die Transparenz beeinträchtigen: auch bekannt. Und dass in solch einem Umfeld grosse Preisspannen entstehen, entspricht der ökonomischen Logik.
Die Tamedia-Zeitungen sind nun der Frage en detail nachgegangen – einer Frage, die angesichts von 9 Milliarden Franken Medizinaltechnik-Umsatz in der Schweiz ziemlich prämienwirksam sein dürfte.
Konkret nahmen Rechercheure von «Tages-Anzeiger», «Berner Zeitung» & Co. den Herzschrittmacher Edora 8 DR-T von Biotronik zum Beispiel.
Die angefragten Gesundheitsämter und Spitäler wollten allesamt keine Auskunft geben zum bezahlten Preis – Vertragsgeheimnis.
Interne Quellen aus den Institutionen gaben dann hinter vorgehaltener Hand für die Jahre 2018 bis 2020 Preise an, die enorm schwankten. Und diese Unterschiede konnten mit Angaben aus Krankenkassen verifiziert werden. Konkret unterschieden sich die bezahlten Beträge pro Gerät um satte 10'000 Franken: Sie lagen zwischen 2'900 und 12'900 Franken.

Hausgemachte Schwächen

Dass die Schweiz für medizinische Implantate überaus hohe Preise bezahlt, ist bekannt. Der Preisüberwacher machte dies bereits zum Thema: Eine Studie des Teams von «Monsieur Prix» ergab 2007 bei einem Herzschrittmacher («Modell A»), dass die Leistungserbringer in Deutschland nur 54 Prozent und in Frankreich gar nur 47 Prozent des Schweizer Preises bezahlten; auch in Italien und Österreich waren die Geräte massiv billiger.
Der Preisüberwacher erklärte dies damals primär mit hausgemachten Schwächen: «Die Struktur des Spitalmarktes und die Grösse der einzelnen Spitäler spielen eine wichtige Rolle in der Beurteilung der Gründe für Preisunterschiede», lautete ein Fazit der Studie: «So sind die Absatzmengen umso grösser, je grösser der entsprechende Markt ist. Und je grösser das Spital, desto grösser ist in der Regel die Absatzmenge und damit der auszuhandelnde Mengenrabatt.»
Auch der Tamedia-Report deutet darauf hin, dass die einzelnen (oder eben auch: vereinzelten) Spitäler wenig Möglichkeiten und auch wenig Interesse haben, Druck auf die Medtech-Produzenten auszuüben.
Klar wird durch den Beitrag aber auch: Die Schweizer Preise haben wenig zu tun mit den Entwicklungs- und Herstellungskosten der Geräte.
  • Medizintechnik
  • spital
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Jede Notfall-Konsultation kostet 460 Franken

Notfallstationen werden immer öfter besucht. Eine Obsan-Studie bietet neue Zahlen dazu. Zum Beispiel: 777'000 Personen begaben sich dreimal in einem Jahr auf den Spital-Notfall.

image

Zürcher Krankenhäuser und Versicherer haben sich geeinigt

Nun ist ein jahrelanger Streit beendet: Die Zürcher Spitäler vereinbaren mit Helsana, Sanitas und KPT einen Taxpunktwert von 93 Rappen - ein Kompromiss.

image

Balgrist-Team behandelt im Spital Männedorf

Das Spital Männedorf hat eine neue Klinik für Orthopädie und Traumatologie. Das Team kommt vom Balgrist.

image

Solothurner Spitäler: Bericht zu CEO-Lohn bleibt vorerst geheim

Noch ist unklar, ob Zusatzzahlungen an den Ex-Chef der Solothurner Spitäler rechtens waren. Der Bericht dazu ist da - aber nicht öffentlich.

image

Kispi wegen «Riesenfete» kritisiert – doch die Köche arbeiten gratis

Das überschuldete Kinderspital Zürich feiere seinen Neubau mit einem Michelin-Sternkoch, schreibt ein Online-Medium provokativ.

image

Weitere Umstrukturierung bei Hirslanden – Thomas Bührer in die Konzernleitung

Die Spitalgruppe schafft intern eine neue «Region Mittelland». Damit sollen die Versorgerregionen auch näher an der Konzernleitung sein.

Vom gleichen Autor

image

Prinzip 42+4: Der VSAO nimmt die Spitäler an die Hand

Eine Wegleitung soll dem Arbeitszeitmodell für Assistenzärte im ganzen Land zum Durchbruch verhelfen.

image

Thierry Carrel gründet Unternehmen: Carrel Cardio Consulting

Der ehemalige Chefarzt und Klinikleiter arbeitet nun als selbstständiger Chirurg mit Sprechstunden im Bern.

image

Wie die BAB-Vorschriften die Versorgung erschweren

Ambulant statt stationär? Was politisch gewollt ist, wird amtlich verhindert – dazu ein neues Beispiel aus dem Aargau.