Spitäler privatisieren: Ja – aber nicht als AG

Der Gesundheitsökonom Heinz Locher plädiert für ein Gegenmodell: Stiftungen wären die bessere Lösung.

, 3. August 2016 um 08:36
image
  • spital
  • zürich
  • kantonsspital winterthur
Aktueller Aufhänger ist natürlich das Kantonsspital Winterthur: Die Zürcher Regierung will es in eine AG überführen – und dabei allerdings die Mehrheit behalten.
Dies stösst auf Kritik von linker Seite: Dort fürchtet man negative Folgen der Gewinnorientierung einer AG, für die Patienten wie für das Personal. Aber es gibt auch Kritik aus eher bürgerlicher Warte. Dort wird eingewendet, dass der Wechsel der Rechtsform gar nichts ändert am Grundproble: Der Kanton wäre als Aktionär immer noch genauso «befangen» im Umgang mit dem KSW wie zuvor.
Der «Landbote» bringt also eine dritte Variante ins Spiel, die bislang – interessanterweise – kaum diskutiert wurde in Zürich: Weshalb überführt man das Spital nicht in eine Stiftung?

Rollenkonflikt würde gelöst

Als grosser Befürworter dieses Modells tritt dabei Heinz Locher auf, der bekannte Gesundheitsökonom aus Bern. Er verweist denn auch auf das Beispiel des Inselspitals: Das ist seit 1354 als Stiftung konstiuiert. 
«Der Rollenkonflikt, den viele Kantone durch die Verselbstständigung von Spitälern bereinigen wollen, kann damit gelöst werden», so Locher. «Allerdings sollte die Kantonsregierung nicht den Stiftungsrat wählen.» Wenn hingegen eine Aktiengesellschaft gegründet werde und der Kanton die Mehrheit daran behält, bleibe er in der Verantwortung.

Kann man das den Bürgern zutrauen?

Der Weg über eine AG solle letztlich zum Verkauf des ganzen Spitals führen, deutet der Gesundheitsexperte die Privatisierungsschritte in Zürich. Aber man traue der Öffentlichkeit wohl nicht zu, ein öffentliches Spital direkt an Private zu verkaufen oder in eine gemeinnützige Stiftung zu überführen. 
Das führt in der Schweiz zur häufigen Situation, dass es verselbstständige Spitäler als AG's gibt, die aber voll im Portfolio des Staates bleiben und nicht einmal teilweise privatisiert worden sind.

Gefahr politisch genehmer Verwaltungsräte 

Dass die Regierungen dann ihren Einfluss behalten – etwa über den Verwaltungsrat – ist für Locher eher ein Risiko: Die Gefahr bestehe, «dass die Regierung eher einen politisch genehmen Verwaltungsrat wählt als einen wirtschaftlich kompetenten». 
Stiftungen hätten hier doch einen Vorteil: Sie verfolgen ein einziges Ziel, nämlich die Erfüllung des Stiftungszwecks. «Damit sind sie unabhängiger von Dritteinflüssen», so Heinz Locher im «Landboten».
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

So will das Kantonsspital Graubünden Gewaltopfern helfen

Das Kantonsspital Graubünden in Chur betreibt neu die Sprechstunde «Forensic Nursing». Das Angebot ist das erste dieser Art in der Deutschschweiz.

image

Kantonsspital Winterthur lässt Gender-Leitfaden nun doch fallen

Das Kantonsspital Winterthur zieht die gendergerechte Sprachempfehlung zurück. Der Druck ist wohl zu gross geworden.

image

Christian Britschgi wechselt als Chefarzt nach Winterthur

Christian Britschgi leitet künftig die medizinische Onkologie und Hämatologie im Kantonsspital Winterthur.

image

Zwei der grössten Psychiatrie-Kliniken wollen fusionieren

In Bern bahnt sich eine Elefantenhochzeit an: Die zwei eh schon grössten Kliniken wollen sich zu einer vereinigen.

image

Mobbing-Streit in Solothurn droht zu eskalieren

Seit Monaten schwelt bei den Solothurner Spitälern ein Konflikt. Nun erhebt auch der Berufsverband schwere Vorwürfe und droht sogar mit Klage.

image

Barbara Nietlispach wird Chefärztin im Wallis

Die Klinik Frau–Kind des Spitalzentrums Oberwallis (SZO) stellt sich neu auf und geht eine neue Kooperation ein.

Vom gleichen Autor

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.

image

Deutschland: Investment-Firmen schlucken hunderte Arztpraxen

Medizin wird zur Spielwiese für internationale Fonds-Gesellschaften. Ärzte fürchten, dass sie zu Zulieferern degradiert werden.