Krankenkassen: Neuer Kodex für die Kundenwerbung

Bei der Telefonwerbung unterwerfen sich die Schweizer Krankenversicherer bald gewissen Regeln und Beschränkungen.

, 23. Juli 2015 um 04:00
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  • santésuisse
  • versicherer
Die Telefonwerbung durch einzelne Krankenkassen war immer wieder ein heiss umstrittenes Thema für Konsumentenschutz-Organisationen und -Sendungen.
2011 führten die Krankenkassen daher eine Selbstbeschränkung ein. Vorgesehen war dabei: Keine Telefonwerbung für die Grundversicherung, maximal 50 Franken Maklerprovision pro Neuabschluss und gemeinsame Qualitätsanforderungen für die Werbung. Diese Absprache wurde dann aber von der Wettbewerbskommission Weko in zwei Punkten als heikel beurteilt und wieder schubladisiert.
In einer neuen Branchenvereinbarung wollen die Krankenversicherer nun die Qualität der Telefonwerbung dennoch erhöhen. Die Konsumenten sollen besser vor unerwünschten Anrufen geschützt und die Entschädigung der Vermittlertätigkeit im Bereich der obligatorischen Grundversicherung soll eingeschränkt werden. 

Makler müssen Auftraggeber nennen

Die Vereinbarung nimmt auch einige Punkte des alten Abkommens wieder auf. Sie verpflichtet die Krankenversicherer, nur mit Maklern, Vermittlern oder Telefonmarketing-Anbietern zusammenzuarbeiten, wenn diese minimale Qualitätsanforderungen einhalten. Zu diesen Anforderungen gehören unter anderem, 

  • dass der Name des Anrufers, die Firmenbezeichnung des Auftraggebers sowie der Zweck des Anrufs genannt werden. 
  • Es dürfen keine anderen Gesprächsbegründungen für den Anruf vorgegeben werden – beispielsweise eine Umfrage. 
  • Weiter darf die verwendete Telefonnummer nicht verschleiert oder unterdrückt werden.
  • Die Vereinbarung verbietet zudem Anrufe ohne vorherige Zustimmung des Angerufenen, die sogenannte Kaltakquise. 
  • Makler, Vermittler und Telefonmarketing-Anbieter sind verpflichtet, sich an die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb  zu halten, insbesondere den Sterneintrag.
  • Zudem darf die Aufwandentschädigung für Makler und Vermittler den Höchstbetrag von 50 Franken pro Versicherungsabschluss zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht überschreiten.

Mit einem Meldeformular auf der Website von Santésuisse können Konsumenten Verstösse melden. Die Branchenvereinbarung tritt am 1. Januar 2016 in Kraft.

Makler sollen notfalls gefeuert werden

Liegt nach Prüfung des Sachverhalts durch Santésuisse ein Verstoss gegen die Vereinbarung vor, erfolgt eine schriftliche Abmahnung des Krankenversicherers. Falls die Makler, Vermittler oder Telefonmarketing-Anbieter gegen ihre Pflichten verstossen, muss der Krankenversicherer Massnahmen ergreifen, die bis zur Vertragsauflösung führen können.
In einer ersten Reaktion äusserte sich die Groupe Mutuel positiv zum Abschluss der neuen Branchenvereinbarung. Diese schütze die Konsumenten besser und gewährleiste höhere Qualität in diesem Bereich. «Die Groupe Mutuel wird die Vereinbarung so rasch wie möglich unterzeichnen, aber setzt autonom ihrerseits bereits die neuen Qualitätsregeln zur Telefonwerbung um.»


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