Zufriedene Patienten sind gut fürs Geschäft

Eine hohe Patientenzufriedenheit hat verblüffend direkte betriebswirtschaftliche Wirkungen. Speziell wichtig dabei: die Pflege. Je besser sie beurteilt wird, desto profitabler die Klinik.

, 14. Juli 2016 um 08:00
image
  • spital
  • patientenzufriedenheit
  • anq
  • spitalvergleich
Dass es hier einen Zusammenhang geben könnte, wurde schon oft vermutet: Wenn die Patienten gute Erfahrungen machen, so dürfte das positiv sein für die Loyalität, für das Image eines Spitals, also für das Marketing – und letztlich für das Patientenaufkommen. Dies wiederum sollte sich günstig auf die finanzielle Situation auswirken.
So weit, so plausibel. Allerdings wurden solche Zusammenhänge kaum je belegt. Jetzt aber besagen Daten der Beratungs- und Revisionsgesellschaft Deloitte, dass die Korrelation sogar speziell eng und direkt ist. Kurz gesagt: Je besser die Patientenerfahrung, desto höher die Rentabilität eines Spitals.
Die Deloitte-Experten nahmen in den USA die Zufriedenheitsdaten, die im Rahmen des staatlichen Qualitäts-Systems HCAHPS von 2008 bis 2014 erhoben worden waren.

Zusammenhang von Ruhe und Rentabilität

Insgesamt ähneln die HCAHPS-Befragungen in mancherlei Hinsicht den ANQ-Bewertungen, die in der Schweiz periodisch zur Patientenzufriedenheit veröffentlicht werden: Hier wie dort befragt man austretende Patienten mit einem Fragebogen, beispielsweise nach der Kommunikation des Pflegepersonals oder der Ärzte – aber auch danach, ob jemand dieses Spital denn wieder empfehlen würden.
Die US-Erhebung erforscht zudem allerlei Detailpunkte, etwa als wie sauber die Patienten ihre Klinik einschätzten oder wie sie die Ruhe in der Nacht empfunden haben.

Deloitte Center for Health Solutions: «The value of patient experience», Juli 2016

Deloitte verglich nun diese Benotungen mit der Profitabilität der einzelnen Häuser – und dies bei 470 Spitälern. Ergebnis: Institutionen mit Spitzenwerten bei der Patientenzufriedenheit hatten durchschnittlich eine Netto-Umsatzrendite von 4,7 Prozent – während bei den Spitälern mit den tiefsten Benotungen die Profitabilität nur 1,8 Prozent erreichte (dass beide Werte nicht gerade überwältigend sind, sei hier mal vernachlässigt…).
image
Vergleich der Umsatzrentabilität (net margin) und der Eigenkapitalrendite (ROA) von Spitälern, die von den Patienten als «excellent» (dunkelblau), mittelmässig (grün) oder schlecht («low», hellblau) beurteilt wurden.
Ähnliche Verhältnisse fanden sich bei der Eigenkapital-Rentabilität. Kurz: Die Unterschiede waren deutlich. Und selbst wenn man nur einen einzelnen Faktor wie die Nachtruhe betrachtete, zeigten sich Korrelationen zur Profitabilität. Dabei überprüften die Deloitte-Berater die Sache auch auf andere Aspekte hin, die ebenfalls hineingespielt haben könnten. Beispielsweise filterten sie für ihre Vergleiche jeweils Spitäler mit ähnlicher Lage, ähnlichen Spezialisierungen oder ähnlicher Patientenstrukur heraus.
Am Ende schlüsselten die Deloitte-Statistiker noch konkretere Zusammenhänge auf. So ergab sich:

  • Spitäler mit besseren Patienten-Benotungen erzielten überproportional hohe Erträge; Zufriedenheit erschien also als Umsatz-Faktor.
  • Das Pflegepersonal war dabei offenbar speziell wichtig: Die Frage nach der Kommunikation und den Interaktionen mit der Pflege hatte die stärkste Korrelation mit der Rentabilität – oder in den Worten der Deloitte-Studie: «Aspects of patient experience most closely associated with better care (communication with nurses), also have the strongest association with hospital financial performance». 
Anders gesagt: Je besser die Noten hier, desto besser auch die Finanzzahlen. (In der Schweizer ANQ-Befragung wären also vielleicht die Reaktionen auf eine Frage noch stärker zu beachten: «Bekamen Sie verständliche Antworten vom Pflegepersonal?»).

Nicht ganz geklärt ist allerdings, wie weit hier ein Umkehr-Effekt hineinspielt – dass also eine höhere Rentabilität dazu führt, dass eine Spitaldirektion stärker in die Patientenzufriedenheit investiert. Die Deloitte-Autoren erachten dies aber als unwahrscheinlich beziehungsweise als weniger bedeutsam denn die umgekehrte Deutung. Welche eben besagt: Glückliche Patienten sorgen dafür, dass man am Ende profitabler ist.

  • Bild: Jaymis Loveday, «Jaymis Post-splenectomy: Happy Portrait», Flickr CC

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

So will das Kantonsspital Graubünden Gewaltopfern helfen

Das Kantonsspital Graubünden in Chur betreibt neu die Sprechstunde «Forensic Nursing». Das Angebot ist das erste dieser Art in der Deutschschweiz.

image

Kantonsspital Winterthur lässt Gender-Leitfaden nun doch fallen

Das Kantonsspital Winterthur zieht die gendergerechte Sprachempfehlung zurück. Der Druck ist wohl zu gross geworden.

image

Christian Britschgi wechselt als Chefarzt nach Winterthur

Christian Britschgi leitet künftig die medizinische Onkologie und Hämatologie im Kantonsspital Winterthur.

image

Zwei der grössten Psychiatrie-Kliniken wollen fusionieren

In Bern bahnt sich eine Elefantenhochzeit an: Die zwei eh schon grössten Kliniken wollen sich zu einer vereinigen.

image

Mobbing-Streit in Solothurn droht zu eskalieren

Seit Monaten schwelt bei den Solothurner Spitälern ein Konflikt. Nun erhebt auch der Berufsverband schwere Vorwürfe und droht sogar mit Klage.

image

Barbara Nietlispach wird Chefärztin im Wallis

Die Klinik Frau–Kind des Spitalzentrums Oberwallis (SZO) stellt sich neu auf und geht eine neue Kooperation ein.

Vom gleichen Autor

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.

image

Deutschland: Investment-Firmen schlucken hunderte Arztpraxen

Medizin wird zur Spielwiese für internationale Fonds-Gesellschaften. Ärzte fürchten, dass sie zu Zulieferern degradiert werden.