Nein, es geht nicht um die Pflegeinitiative. Und es ist auch nicht einfach ein weiterer Versuch, Ärzteschaft und Pflege auseinander zu dividieren. Sondern der amerikanische Internist und Medizin-Dozent Marc Reid wollte mit dieser Frage einfach ausloten, wieviel Verständnis die beiden Gruppen für die Arbeit der anderen Seite haben, wie viel Knowhow sie sich gegenseitig zusprechen.
Also stellte er seinen 36'000 Followern auf Twitter die Frage: Was würde geschehen, wenn Ärzte und Pflegepersonal einen Tag lang die Jobs tauschen würden? Was wäre tödlicher für die Patienten?
Die Antworten pendelten sich nach über 2'500 Stimmen im Zwei-Drittels-Verhältnis ein, waren also recht klar. 65 Prozent fanden, dass Ärzte tendenziell stärker die Patienten schädigen würden, wenn sie als Pflegeprofis aufträten. Und nur ein Drittel empfand es als gefährlicher, wenn die Pflege ärztlich wirken würde.
Dr. Reid selber sah es in seiner Erklärung dazu ebenfalls so: Nurses hätten ein ganz starkes Wissen über die ärztliche Arbeit; er selber jedoch habe nur wenig Ahnung über die Tätigkeiten der Pflege – und dabei auch über deren technische Aspekte wie Logistik oder Telemedizin.
Besonders interessant sind aber die Diskussionen, die aus der einfachen Twitter-Frage entstanden. Einige Ärzte wandten ein (sicherlich mit einem gewissen Recht), dass die Antwort stark abhänge vom Spezialgebiet – wobei als Paradebeispiel die Chirurgie genannt wurde: Will da jemand wirklich einen Rollentausch?
Reihenweise meldeten sich andererseits aber auch Ärzte, die ehrlicherweise bekundeten, dass sie selber miserable, langsame oder ineffiziente Nurses wären.
Eine gewiss bedenkenswerte Antwort bot jene Pflegefachfrau, die meinte: Ärzte in der Pflege würden mehr kritische Vorfälle verursachen – aber Pfleger als Ärzte würden schwerere Vorfälle verschulden.
Eine andere pfiffige Antwort unterschied zwischen der Erfahrung beziehungsweise Hierarchie der Ärzte: In Ausbildungsspitälern würden die Mortalitätsraten durch die Decke gehen, wenn die Pflegeprofis nicht ständig ärztlich tätig würden – zum Beispiel, indem sie eingreifen, wenn ein unerfahrener Arzt eine falsche Anordnung macht.
Die vielleicht salomonischste Antwort kam von einer Pädiaterin, die befand: Es würde gar nichts geschehen. Denn beide, Mediziner wie Pfleger, würden schon nach spätestens zehn Minuten begreifen, dass sie auf der falschen Strassenseite sind, wo ihnen der Verkehr entgegendonnert. Und würden sofort wieder die Seiten wechseln.
Womit die Hauptlektion wieder mal lautet: Die Medizin funktioniert nur als Ökosystem, in dem alle eine eigene, schlaue Rolle haben.
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