Chefarzt-Löhne: Wie aus Millionen Milliarden werden

Die Ärztelöhne werden wieder mal zum Medien- und Polit-Thema. Mit eigenwilligen Berechnungen.

, 22. April 2024 um 01:00
image
Symbolbild: JC Gellidon on Unsplash
Die Gesundheitskosten sind wieder verstärkt ein nationales Diskussionsthema – einerseits wegen der Spitalkrise, andererseits wegen mehrerer Abstimmungen, die hier demnächst anstehen.
Eine ziemlich absehbare Konsequenz daraus ist, dass auch die Ärztelöhne vermehrt ins Visier der Medien geraten. Das geschieht ja periodisch – zuletzt etwa vor der Corona-Welle (worauf sich einige Kantone daran machten, die Chefarztgehälter zu deckeln).
Diesmal ging die «Sonntagszeitung» voran und veröffentlichte eine Recherche unter dem Titel «Chefärzte von Spitälern verdienen teils über eine Million». Umgehend griffen andere Medien die Sache auf und trieben sie weiter – mit Schlagzeilen wie: «Chefärzte verdienen Millionen auf Kosten der Prämienzahler» («Bluewin»). Oder: «Monster-Saläre von Chefärzten treiben Prämien in die Höhe» («Watson»).
Oder wie die Tamedia-Portale dann selber nachdoppelten: «Millionen­gehälter von Ärzten belasten das Gesundheits­system».

Hunderttausende zu Millionen…

Der ursprüngliche SoZ-Artikel zeigte, dass im Kanton Bern im letzten Erfassungsjahr 2022 sechs Ärzte von Listenspitälern zwischen 600’000 und 700’000 Franken verdienten. Zwei bekamen mehr als 700’000 Franken. Mindestens einer erzielte ein Einkommen von über 1 Million.
Weitere Beispiele: Am Universitätsspital Basel bekommt derzeit «eine knappe Handvoll» Ärzte den Maximallohn von 850’000 Franken. Am Kantonsspital Aarau verdiente der Kaderarzt mit der höchsten Entschädigung im vergangenen Jahr 687’000 Franken. In Solothurn erhielten fünf Chefärzte ein Gehalt von über 600’000 Franken.
Anfügen liessen sich auch die Spitäler Schaffhausen, wo der höchste Bruttolohn ärztlicher Mitglieder der Spitalleitung letztes Jahr 524'000 Franken betrug.
Weitere Beispiele: Am CHUV liegt der Maximallohn bei 550’000 Franken pro Jahr. Am USZ gilt eine Obergrenze von 1 Million Franken und am Zürcher Stadtspital eine von 750’000 Franken.

...und dann werden's Milliarden

So weit, so übersichtlich. Der Artikel macht von diesen Fällen dann einen Dreh zum Allgemeinen – also zu den Löhnen aller Ärzte in den Spitälern. Tatsächlich machen die Ärztelöhne in manchem Krankenhaus knapp einen Fünftel des Gesamtaufwands aus.
Und insgesamt kommen die Löhne aller Spitalärzte auf eine Summe von 4,3 Milliarden Franken, rechnet die «Sonntagszeitung» vor.
Allerdings sind da auch die Assistenz-, Ober- und Leitenden Ärzte dabei – also tausende Profis. Zu ergänzen wäre also vielleicht auch, dass es im ganzen Land rund 17’600 Spitalärzte gibt; so dass der Durchschnittslohn bei etwa 240’000 Franken liegt.
Aber eben: Der Eindruck, dass eine Kaste von hochbezahlten Chefärzten «die Prämien in die Höhe treiben» respektive «das Gesundheitssystem belasten» – der lässt sich so nicht unbedingt erhärten.

  • lohn
  • Gesundheitskosten
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Die Gesundheitskosten stiegen nochmals, aber…

Inzwischen liegen die Schweizer Gesundheitsausgaben über 90 Milliarden Franken. Allerdings: Man kann vorsichtig optimistisch sein.

image
Gastbeitrag von Alex Steinacher

Notfall: Wenn schon Taxe, dann flächendeckend

Die Politik fordert eine 50-Franken-Gebühr für Bagatellfälle auf dem Spital-Notfall. Doch es gibt schlauere Lösungen. Ein Vorschlag von Alex Steinacher.

image

Ob FaGe, Apotheker, Physio oder Chefärztin: Das verdient man im Gesundheitswesen

Wie steht es um Ihr Gehalt? Hier finden Sie die Standard-Monatslöhne der wichtigsten Berufe in der Gesundheitsbranche.

image

Notfall: 50 Franken für Bagatellfälle

Ein altes Anliegen kommt wieder aufs Tapet: Die Gesundheitskommission des Nationalrats stellt zwei Varianten vor.

image
Gastbeitrag von Michael Jordi

Qualität ist keine Glaubensfrage

Bei der Qualität im Gesundheitssystem wird nicht zu viel gesteuert und vereinheitlicht – sondern eher zu wenig. Viele Akteure wollen einfach ihr eigenes Messsystem als Standard sehen.

image

Um eine Milliarde zu viel abgerechnet

Eine Doktorandin in den Diensten der Helsana untersuchte Missbrauchsfälle ambulanter Leistungen. Ihre Hochrechnung auf die ganze Branche ist aber problematisch.

Vom gleichen Autor

image

Spitalkrise? Thurmed bezahlt sogar Dividenden

Die Thurgauer Kantonsspital-Gruppe durchlebt zwar ebenfalls ein schwierige Zeit. Sie kann aber immer noch einen namhaften Gewinn vermelden.

image

Endokrinologie und Infektiologie: Teamwork von Zürich und Dresden

Die TU Dresden, die ETH und die Universität Zürich starten eine enges Forschungsprojekt zu Infektionsmedizin und zur Erforschung von Stoffwechselprozessen.

image

Auch im Wallis sollen Apotheker freier Medikamente abgeben können

Dabei geht es nicht nur um tiefere Kosten – sondern auch um die Versorgung in Gegenden mit geringer Ärztedichte.