Er gab sich als Retter der Hausärzte aus und kaufte Ärzten, die keinen Nachfolger fanden, die Praxis ab. Mit der Praxiskette «MeinArzt» sollte ein ganzes Imperium entstehen. Doch das Angebot von
Christian Neuschitzer war ein faules. Im September 2020 wurde der
Mein-Arzt-Chef in Italien verhaftet und
wegen Corona-Kredit-Betrugs verurteilt. Neuschitzer wanderte ins Gefängnis.
Etwa 30 seiner Arztpraxen wurden daraufhin liquidiert; es entstand ein Millionenschaden. Ärztinnen und Patienten standen vor dem Nichts.
Neuschitzer kassierte neben seiner Haftstrafe fünf Jahre Landesverweis. Während er nach Österreich zog, blieben seine Schulden in der Schweiz.
Neuschitzer bezeichnet sich als «Graue Eminenz»
Jetzt zeigen Recherchen der
«Rundschau»: Unter dem Namen Christopher Bene soll Christian Neuschitzer wieder im Markt der Schweizer Praxisketten mitmischen. In einem Praxis-Netzwerk gebe er sich als Teilhaber und Treuhänder aus und nenne sich selbst «Graue Eminenz» im Hintergrund, die an den Fäden ziehe. Die Daten kommen aus Österreich. Dutzende Praxen sollen geplant sein.
Volkan Özcan, ein ehemaliger Geschäftspartner in Österreich, erklärt gegenüber der Sendung, dass Neuschitzer das Mein-Arzt-Modell in der Schweiz reaktivieren und in Österreich Fuss damit fassen wolle, sprich: Praxen kaufen und Ärzte anstellen.
Nach der Haftstrafe soll es laut Neuschitzer «mit dem Millionen Biz» weitergehen. Er liebe Avegena Hausärzte. Die «Rundschau» blendet dazu SMS-Konversationen aus einem Gruppenchat ein.
Volkan Özcan zeigt SMS-Konversationen von Neuschitzer aus einem WhatsApp-Gruppenchat. | Printscreen SRF
Die «Rundschau» findet Unterlagen zu sieben Schweizer Praxen, die an Avegena verkauft werden sollen. Einige sind geschlossen, andere mit Avegena angeschrieben. Der Namen Neuschitzer taucht dabei allerdings nicht auf.
In Ruswil trifft das Schweizer Fernsehen auf Josef Pollak, der wegen eines schlechten Gefühls, nicht an Avegena verkauft habe. Es sei ein Christopher Bene gewesen, der ihn zum Verkauf gedrängt haben soll.
Österreichische Register zeigen, dass Neutschitzer unter Bene Christopher registriert ist, dies, mit einer top Bonität. Interessant: Pollak erkennt auf dem vorgespielten Tonband die Stimme von Neuschitzer. Dieser nimmt keine Stellung dazu.
Avegena gehört dem Arzt Jens Westphal. Dieser betreibt seit Jahren eine Hausarztpraxis in Geuensee, Luzern. Vier Praxen soll er dieses Jahr dazu gekauft haben. Wie Westphal auf Anfrage der Rundschau» schreibt, habe Herr Bene nur als Berater im Hintergrund gewirkt, die Zusammenarbeit sei inzwischen beendet. Westphal betont, er habe die Firma alleine geleitet.
Die Zusammenarbeit ist gemäss des Schweizer Fernsehens aber verstrickt: Avegena soll Büros in Österreich an eine Firmenadresse von Neuschitzer aufweisen.
Wer hat das Sagen von Avegena in der Schweiz? | Printscreen SRF
Die offene Frage gemäss der «Rundschau» bleibt: Wer hat das Sagen von Avegena in der Schweiz? Für Volkan Özcan ist klar, dass Westphal lediglich ein Strohmann und nicht treibende Kraft dahinter ist.
Neuschnitzer soll im Hintergrund wirken und seine Postition wie folgt beschrieben haben: «Ich bin die graue Eminenz mit den Kontakten und finanziellen Ressourcen.» Dass der ehemalige Mein-Arzt-Chef die Fäden im Dunklen zieht, dementiert Westphal allerdings.
Stellungnahme von Avegena und Dr. Jens Westphal
«Es trifft nicht zu, dass Herr Neuschitzer bzw. Bene je einen massgebenden Einfluss auf das Unternehmen Avegena ausübte. Er übte nie einen Einfluss auf die Geschäftsleitung von Avegena aus, weder direkt noch indirekt, weder rechtlich noch wirtschaftlich. Mehrheitseigentümer, Verwaltungsratspräsident und verantwortlicher Geschäftsführer mit Einzelunterschrift bei Avegena ist seit Anbeginn Herr Dr. Jens Westphal.»
Zum Aktienbuch Avegena ergänzt die «Rundschau»-Redaktion:
«Im Bericht wird von Dritten geäussert, Herr Bene sei ihnen als Teilhaber/Aktionär von Avegena vorgestellt worden. Jens Westphal dementiert klar, dass Herr Neuschitzer beziehungsweise Bene je Anteile an der Firma Avegena hielt.» Das Aktienbuch von Avegena, welches SRF vorliege, bestätige das. Weder der Name Christian Neuschitzer, noch Christopher Bene seien «oder waren darin aufgeführt».
Beim BAG laufen Abklärungen
Damit nicht genug: Neuschitzer soll durch Avegena viel Geld verdient haben, etwa mit Covid-Tests, die Avegena in mehreren Testcentern im Raum Luzern anbot. In einer Message soll er davon geschwärmt haben und von Bancomaten gesprochen haben; die Testcenter seien eine Gelddruckmaschine. Er soll pro Tag 6'000 Euro damit verdient haben, sagt Özcan.
Beim BAG laufen aktuell umfassende Abklärungen zu Unregelmässigkeiten bei der Verrechnung gegen Covid-Tests, im Fokus auch Avegena. «Westphal sagt, er habe keine Kenntnis von falsch abgerechneten Tests und bestreitet vehement, über seine Abrechnungsnummer wissentlich an solchen mitgewirkt oder auch nur davon gewusst zu haben.»
Für die «Rundschau» ist klar: «Neuschitzer ist zurück im Schweizer Markt unter einem neuem Namen, mit einem top Bonitätsausweis trotz Schulden.»