Pierre-Yves Maillard will den Krankenkassen die Beteiligung an Leistungserbringern verbieten

Der SP-Ständerat wittert eine ungute Doppelrolle der Krankenkassen.

, 7. November 2024 um 05:46
image
Pierre-Yves Maillard  |  Bild: PD SGB
«Die zwei grössten Krankenversicherungen mischen heimlich in umstrittenem Pflegemarkt mit»: Das schrieb die «Sonntagszeitung» in dieser Woche. Fast zeitgleich griff auch die «Schweiz am Wochenende» das bemerkenswerte Detail auf: CSS und Helsana sind an einer privaten Spitexfirma beteiligt, zu deren Geschäftsmodell es gehört, pflegende Angehörige zu beschäftigen. Und hier gibt es bekanntlich Fragezeichen.
«Die beiden Krankenkassen befinden sich in einem Interessenkonflikt», fasste es also Comparis-Krankenkassenexperte Felix Schneuwly in der SoZ zusammen. Denn es sei die gesetzliche Pflicht der Versicherer, die auf Angehörigenpflege spezialisierten Spitex-Firmen zu kontrollieren, damit diese nicht ungerechtfertigte Pflegeleistungen abrechneten.

«Heikle Doppelrolle»

Nun doppelte SP-Ständerat und Gewerkschaftschef Pierre-Yves Maillard im «Blick» nach: Auch er kritisiert die «Verbandelung» von Spitex-Firmen mit den Kassen. Die Krankenkassen stünden in einer heiklen Doppelrolle. «Die Versicherer verhandeln und beschliessen die Tarife und sind auch direkt an den Renditen finanziell interessiert, welche die Spitexfirmen durch diese Tarife erzielen», so Maillard.
Das Waadtländer Polit-Schwergewicht fordert deshalb: «Die Beteiligung der Versicherer an Leistungsbringern muss verboten werden.» In der nächsten Session des Parlaments wird Maillard dazu eine Motion einreichen.
Der politische Weg ist also noch lang. Doch ein Verbot solcher Doppelrollen der Kassen könnte seinerseits langfristige Pläne dort in Frage stellen. Denn dass Kassen sich an Leistungserbringern beteiligen, ist ein vielfach denkbares Szenario. Man erinnere sich an die Santémed-Gesundheitszentren, welche die Swica führte (um sie dann 2015 an Medbase zu verkaufen). Und aktuell denke man ans Modell Kaiser Permanente: In dieser US-Gesellschaft ist eine Versicherung mit Spitälern und medizinische Zentren aller Art vereinigt. Und das Modell dient bekanntlich als Vorbild über die junge Kooperation von Visana und Swiss Medical Network im «Réseau de l’Arc» respektive im «Rete St. Anna».
CSS und Helsana gehören derzeit noch zu Curafutura. Im anderen Krankenkassenverband, der Santésuisse, seien ihm keine Kassen bekannt, die an privaten Spitex-Firmen beteiligt seien, sagt Mediensprecher Christophe Kaempf gegenüber Medinside.

Gegen Verbot

Doch Santésuisse hätte keine generellen Vorbehalte gegen solche Beteiligungen. «Es liegt in ihrer unternehmerischen Freiheit, sich entsprechend ihrer strategischen Ziele optimal aufzustellen», lautet Kaempfs Begründung.
Santésuisse wäre auch gegen ein Verbot solcher Beteiligungen, wie es Maillard vorschlägt. «Das wäre ein Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit», erklärt Kaempf.

Beispiel Réseau de l’Arc

Denn dass Kassen sich an Leistungserbringern beteiligen, könne durchaus im Interesse der Versicherten sein: nämlich dann, wenn die Krankenkassen neue Modelle anbieten, die eine bessere Kostenkontrolle ermöglichen.
Jüngstes Beispiel ist das Gesundheitsnetzwerkt Réseau de l’Arc, bei dem die Visana mit Swiss Medical Network zusammenspannt.

Private Spitex-Firmen unter Beschuss

Nicht nur die SP beurteilt die privaten Spitex-Firmen kritisch. Ein Vorstoss des Mitte-Ständerat Peter Hegglin ist direkt gegen Unternehmen gerichtet, welche pflegende Angehörige beschäftigen. Hegglin spricht von einem Wildwuchs an Spitex-Firmen, welche einen Grossteil der Entschädigungen abschöpfen würden. Der Bundesrat soll eingreifen, um fragwürdigen Margen einen Riegel zu schieben, fordert er.
Was sagen private Spitex-Firmen zu den Vorwürfen, dass sie hohe Gewinne abschöpfen würden? Gegenüber Medinside legte die Chefin der Privat-Spitex Carela ihre Rechnungen offen und sagte: Sie würden oft kritisiert – «und zwar, weil einige Missverständnisse im Umlauf seien».
  • spitex
  • reseau de l'arc
  • politik
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Das Spital Zofingen wird ins Viva-Modell integriert

Swiss Medical Network will um das Mittelland-Spital eine Versorgungsregion bauen – ähnlich wie dies bereits im Jurabogen geschieht.

image

BAB: Kanton Zürich bestellt Rechtsgutachten

Wer arbeitet jetzt «in eigener fachlicher Verantwortung»? Das Gesundheitsberufe-Gesetz des Bundes sorgt für Konfusion – offenbar je länger, je mehr.

image

Wallis: Kein Geld fürs Gesundheitspersonal

Der Kanton Wallis muss sparen - deshalb soll es keinen Teuerungsausgleich fürs Gesundheitspersonal geben. Dagegen formiert sich Widerstand.

image
Gastbeitrag von Andri Silberschmidt

Koordinierte Netzwerke stärken statt verstaatlichen

Es braucht keinen neuen Leistungserbringer «koordinierte Versorgung». Zuerst sollten wir die bereits beschlossenen Kostendämpfungs-Massnahmen wirken lassen.

image

BAB: Natalie Rickli zieht die Reissleine

Die Zürcher Amt für Gesundheit plante, für das Spitex-Pflegepersonal breitgefächert Berufsausübungs-Bewilligungen zu verlangen. Nun ist der Vorgang sistiert.

image

Atomkraftwerk-Betreiber müssen Jodtabletten zahlen

Der Bundesrat will AKW-Betreiber per Gesetz zur Verteilung von Jodtabletten verpflichten.

Vom gleichen Autor

image

Sie designt schöne Spitalhemden

Ein Laden, der Mode für Schwerkranke im Spital verkauft: Bitten Stetter kreiert fröhliche Spitalhemden und andere Produkte für Bettlägerige.

image

So viel schöner haben es kranke Kinder im neuen Kispi

Früher verbrachten Kinder für eine Stammzelltransplantationen Wochen in einer Isolationskabine. Im neuen Kispi gibt es keine Zellen mehr.

image

Diese Geräte boomen in den Schweizer Spitälern

CT-Scanner sind die meistgenutzten medizinischen Grossgeräte. Nicht mehr gefragt sind Nierenstein-Zertrümmerer.