Die Zahl resistenter Bakterien hat sich vervierfacht

Eine Studie hat die Problematik der resistenten Erregern in Schweizer Altersheimen unter die Lupe genommen - und dabei auch eine positive Entdeckung gemacht.

, 27. August 2018 um 09:30
image
  • medikamente
  • msra
  • altersmedizin
Multiresistente Erreger breiten sich in der Schweiz immer mehr aus. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Infektiologen. Die Forscher haben Daten des Schweizerischen Zentrums für Antibiotikaresistenzen (anresis.ch) ausgewertet. Konkret haben sie die Proben von Altersheimbewohnenden für den Zeitraum 2007 bis 2017 studiert. Menschen in Pflegeheimen sind überdurchschnittlich oft Träger von resistenten Bakterien. Einer der Gründe: Sie leiden häufig an Infektionen, die eine Antibiotikabehandlung nötig macht. Als Folge davon bilden sich in den Pflegeeinrichtungen auch öfters Resistenzen. 
Die Ergebnisse der Studie sind teilweise beunruhigend. Denn während 2007 noch jeder zwanzigste Bewohner Träger von antibiotikaresistenten Escherichia-coli-Bakterien war, war es 11 Jahre später bereits jeder fünfte. 
image
Quelle: Kohler, Philipp et al. (2018). Antibiotic resistance in Swiss nursing homes: Analysis of National Surveillance Data over an 11-year period between 2007 and 2017. Antimicrobial Resistance & Infection Control.
Die Werte seien zwar tiefere Werte als in anderen Ländern, sagt Studienmitautor Andreas Kronenberg von der Uni Bern gegenüber dem Wissenschaftsmagazins Higgs. Dennoch sei die Lage ernst. Denn wenn Infektionen mit Resistenzen auftreten, sei für deren Behandlung der Einsatz aggressiver Antibiotika notwendig. Das könne dann weitere Resistenzbildungen zur Folge haben. «Je mehr Antibiotika die Ärzte verschreiben, desto mehr resistente Keime gibt es», so Kornenberg im Higgs.
Als Praxisbeispiel dient diesbezüglich die Romandie, wo mehr Antibiotika verschrieben wird. Dies spiegelt sich gemäss der Studie auch in einer grösseren Zahl von Resistenzen. Zusätzlich ist in der  Grenzregion zu Frankreich auch der Einfluss des Nachbarlandes spürbar, wo der Antibiotikaeinsatz noch einmal höher ist. Durch Patienten werden die resistenten Bakterien an Schweizer Spitäler und von dort in die Altersheime verschleppt. 
Weniger  MSRA-Erreger
Positiv ist die Entwicklung derweil bei den resistenten Erregern des Typs Staphylococcus aureus (MRSA). Der Erreger wurde 2017 weniger häufig nachgewiesen als 2017. Der Rückgang betrug rund 40 Prozent. 
image
Quelle: Kohler, Philipp et al. (2018). Antibiotic resistance in Swiss nursing homes: Analysis of National Surveillance Data over an 11-year period between 2007 and 2017. Antimicrobial Resistance & Infection Control.
Grund für den Rückgang: Weniger Antibiotikaverschreibungen und eine schnelle Isolation. Doch die Forscher machen weitergehende Vorschläge: So könnten etwa neue Richtlinien für Ärzte geschaffen werden, die Altersheimbewohner versorgen. Dies mit dem Ziel, den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren. Eine weitere Möglichkeit wäre es, dass beim Heimeintritt standardmässig ein Screening nach resistenten Erregern durchgeführt wird.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Wochenbettdepression: Neues Medikament zugelassen

Die US-Arzneimittelbehörde FDA gibt grünes Licht für das erste orale Medikament zur Behandlung von postpartalen Depressionen.

image

Preise für teure Krebstherapien bleiben im Dunkeln

Das Bundesamt für Gesundheit ist gesetzlich nicht verpflichtet, die tatsächlich vergüteten Preise für die Krebsbehandlung mit Car-T-Zellen bekannt zu geben.

image

Swissmedic wird Teil der EU-Medikamenten-Initiative

Swissmedic schliesst sich der EU-Medikamenten-Initiative an. Das Ziel ist eine schnellere und transparentere Zulassung von Arzneimitteln.

image

Plakatkampagne wirbt für vergessenes Spital

Das Spital Altstätten wirbt mit einer Plakatkampagne dafür, dass es noch besteht. 2027 ist dann aber Schluss, das Spital wird geschlossen.

image

Umsatzeinbruch bei Roche

Das Ende der Corona-Pandemie hat dem Pharma-Riesen zugesetzt: der Umsatz sinkt um acht Prozent auf 19,8 Milliarden Franken.

image

Swissmedic meldet mehrere Medikamente-Rückrufe

Verschiedene Pharmahersteller nehmen einzelne oder alle Chargen von fünf Wirkstoffen aus Qualitätsgründen vom Markt.

Vom gleichen Autor

image

Covid-19 ist auch für das DRG-System eine Herausforderung

Die Fallpauschalen wurden für die Vergütung von Covid-19-Behandlungen adaptiert. Dieses Fazit zieht der Direktor eines Unispitals.

image

Ein Vogel verzögert Unispital-Neubau

Ein vom Aussterben bedrohter Wanderfalke nistet im künftigen Zürcher Kispi. Auch sonst sieht sich das Spital als Bauherrin mit speziellen Herausforderungen konfrontiert.

image

Preisdeckel für lukrative Spitalbehandlungen?

Das DRG-Modell setzt Fehlanreize, die zu Mengenausweitungen führen. Der Bund will deshalb eine gedeckelte Grundpauschale - für den Direktor des Unispitals Basel ist das der völlig falsche Weg.