Darf der neue Hirslanden-Chef einen Dr.-Titel führen?

Der zukünftige Hirslanden-CEO Daniel Liedtke verfügt über ein «Berufsdoktorat» einer australischen Hochschule. Die Verwendung des Titels «Dr.» ist in seinem Fall aber «irreführend», wie offizielle Stellen besagen.

, 23. Oktober 2018 um 04:00
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In der Mitteilung zur Ernennung präsentiert die Privatklinikgruppe Hirslanden ihren neuen Chief Executive Officer als «Dr. Daniel Liedtke». Anders als bei seinem Vorgänger Dr. med. Ole Wiesinger handelt es sich bei Liedtke um ein «Berufsdoktorat». Und zwar von der australischen Charles Sturt University. Der neue Hirslanden-CEO, der das Amt  im Januar übernehmen wird, absolvierte berufsbegleitend ein sogenanntes DBA Studium, abgeschlossen im Juli 2011, wie Recherchen von Medinside zeigen.
Der Titel «Doctor of Business Administration» – kurz DBA – ist hauptsächlich in der angelsächsischen Managementausbildung verbreitet. Der Fokus eines DBA liegt anders als bei der üblichen Promotion auf der praktischen Anwendbarkeit. Zwar haben in der Schweiz einzelne Business Schools diesen Studiengang im Angebot; dazu kooperieren diese in der Regel mit einer ausländischen Hochschule. Das Schweizerische Bildungssystem kennt den «Doctor of Business Administration» aber nicht. Dies bestätigt auf Anfrage das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI).

Online-Studiengang für Zehntausende Franken

Für die Abteilung Hochschulen des SBFI ist deshalb klar: Mit einem DBA die Abkürzung «Dr.» in der Schweiz zu führen ist «nicht zulässig». Ein DBA könne nicht mit einem Dr. (Forschungsdoktor) verglichen werden. Fazit: «Die Führung der Abkürzung ‹Dr.› ist in diesem Fall irreführend», wie das Staatssekretariat erklärt. Auch die Rektorenkonferenz der schweizerischen Hochschulen (swissuniversities) bestätigt, dass es in der Schweiz «irreführend» ist, sich mit einem DBA als Dr. zu betiteln.
Studierende an der Charles Sturt University (CSU) können das DBA-Programm hauptsächlich im «Study Mode Online» absolvieren. Das heisst per Fernstudium – über Internet und E-Mail, mit Videokonferenzen oder an zentralen Standorten weltweit. Die Dauer: drei bis sechs Jahre – Vollzeit oder berufsbegleitend. Kosten: umgerechnet total rund 63'000 Franken, je nach Modell und Anrechnung von Vorleistungen. Studieninhalte sind wie üblich Fächer wie Marketing, Strategie, Finanzen oder Forschungsmethoden in der Betriebswirtschaft.

Charles Sturt University ist relativ unbekannt

Auf der Diplomurkunde für die Absolventen der CSU steht die Bezeichnung «Doctor of Business Administration». Und bei ausländischen Titeln gilt in der Schweiz, dass diese so zu führen sind wie auf dem Diplom angegeben, wie die Profis der Abteilung Hochschulen vom SBFI weiter erklären: «Bei Doctor of Business Administration wäre das in jedem Fall ‹DBA›». Bei ausländischen Titeln ist oftmals auch ein Hinweis auf die verliehene Uni eine Variante. Doch die CSU ist ausser für ihr grosses Fernunterricht-Angebot relativ unbekannt: Im THE-Ranking wird die Hochschule nicht aufgeführt, im QS-Ranking erscheint sie auf Platz 800+, in Australien auf Platz 33 von rund 40 Universitäten.
Liedtkes im Sommer 2010 publizierte Thesis, die Medinside vorliegt, umfasst mit Literaturverzeichnis und Anhang rund 260 Seiten. Die Arbeit trägt den Titel: «Volume Standards and Value Based Network Structures: Reconfiguring Medical Care in Private Hospital Networks». Das Papier basiert hauptsächlich auf über 30 qualitativen Interviews. Liedtke entwickelt darin vereinfach gesagt ein Modell für eine wertorientierte Verbesserung der Spitalnetzwerke mit Schwerpunkt auf Werttreibern im Hinblick auf Fallvolumen. Als Supervisor im Promotionsverfahren angegeben sind: Prof. Dr. Hans Schmid (†), Prof. Dr. L. Buerki und Prof. Denise Jarratt.

Unlauterer Gebrauch von Titeln ist strafbar

Hirslanden bestätigt auf Anfrage, dass Daniel Liedtke «über einen Doktortitel der australischen staatlichen Universität Charles Sturt University (CSU) verfügt». Medinside hat die Privatklinikgruppe mit der Aussage konfrontiert, dass es laut offiziellen Angaben in der Schweiz nicht zulässig ist, einen DBA-Abschluss mit der Abkürzung «Dr.» zu verwenden. Für Hirslanden «hält Dr. Daniel Liedtke den Doktortitel in Business Administration selbstverständlich zu Recht». 
Liedtke arbeitet seit 2001 für Hirslanden: Er war unter anderem stellvertretender Direktor der Klinik St. Anna, dann ab 2008 Direktor der Klinik Hirslanden in Zürich. Seit 2015 sitzt er als Chief Operating Officer (COO) in der Konzernleitung. Liedtke, ursprünglich Autoelektroniker und Physiotherapeut mit Diplom in Osteopathie der International School of Osteopatic Medicine, verfügt neben dem DBA auch über einen Weiterbildungsmaster of Health (MAS) der FH St. Gallen.
Es kommt immer wieder vor, dass Titel und Berufsbezeichnungen in der Schweiz für Irrungen und Wirrungen sorgen. Der Gebrauch von Titeln regeln Bund und Kantone. Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sieht etwa bei unlauterem Gebrauch im wirtschaftlichen Wettbewerb eine Geld- oder sogar Freiheitsstrafe vor: «Unlauter handelt insbesondere, wer (...) unzutreffende Titel oder Berufsbezeichnungen verwendet, die geeignet sind, den Anschein besonderer Auszeichnungen oder Fähigkeiten zu erwecken». 
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