Hacker attackieren Arztpraxis und veröffentlichen Patientendaten

Die Ransomware-Bande mit dem Namen «Lockbit» hat erneut eine Arztpraxis in der Schweiz angegriffen. Im Darknet sind nun Diagnosen, Labortests, Daten zu Operationen und mehr aufgetaucht.

, 9. Mai 2022 um 15:07
image
  • praxis
  • cyberattacken
Die Ransomware-Bande «Lockbit» hat sich zu einem Angriff auf eine Arztpraxis in Appenzell bekannt. Am Montag, 9. Mai, haben die Cyber-Kriminellen ein Paket mit angeblich erbeuteten Daten ins Darknet gestellt. Darunter befinden sich erneut sensible Patientendaten, wie das IT-Nachrichtenportal «Inside IT» bei der Durchsicht festgestellt hat. Erneut deshalb, weil «Lockbit» bereits einen Angriff auf Neuenburger Arztpraxen im März 2022 für sich beansprucht hatte. Die Bande scheint verstärkt Schweizer Gesundheitseinrichtungen ins Visier zu nehmen.
Aus jenem Angriff im März waren im Anschluss tausende Patientenakten geleakt worden. Wie die Gruppenpraxis in La-Chaux-de-Fonds später mitteilte, seien vermutlich über 20'000 Personen betroffen. Das Datenleck aus dem Angriff auf die Praxis in Appenzell dürfte nicht ganz dasselbe Ausmass haben. Doch wie ein erster Einblick von «Inside IT» in die im Darknet publizierten Daten zeigt, befinden sich darunter womöglich hunderte Dokumente, die persönliche Daten von Patientinnen und Patienten betreffen.

Dokumente mit vollständigen Patientenangaben

Neben Geschäftsdaten enthält das von «Lockbit» veröffentlichte Datenpaket unter anderem Dokumente zu Behandlungen und Diagnosen, Labortests sowie Operations-Aufklärungsprotokolle. Die meisten davon enthalten vollständige Angaben zu Patientinnen und Patienten wie Name, Kontaktangaben, Geburtsdatum sowie zum Teil Krankenkassennummern. Viele dieser Dokumente sind aktuell und stammen aus den Jahren 2021 und 2022. Auch Korrespondenzen mit Anwälten von Patienten zu Streitigkeiten bei Versicherungsfällen finden sich darunter.
Auf unsere Anfrage bestätigt die Arztpraxis den Angriff. Man habe die zuständigen Behörden beim Kanton informiert. Über die Ausmasse könne man zurzeit keine Angaben machen. Zusammen mit einem externen IT-Dienstleister sei man noch mit der Aufarbeitung beschäftigt.

NCSC: 8 bekannte Lockbit-Fälle in diesem Jahr

Die Medienstelle des Nationalen Zentrums für Cybersicherheit (NCSC) schreibt gegenüber inside-it.ch, man habe bis jetzt noch keine genaueren Informationen zum Vorfall erhalten. Generell seien dem NCSC seit Jahresanfang 56 Ransomware-Fälle gemeldet worden, «darunter waren acht Lockbit-Fälle».
Bei Lockbit 2.0 handle es sich um eine Ransomware-as-a-Service (RaaS)-Plattform mit mehreren Partnergruppen, welche unter demselben Dach arbeiten. Diese würden verschiedene Techniken anwenden, um die Opfer zu kompromittieren. Das Nationalen Zentrum für Cybersicherheit habe in der Vergangenheit häufig die folgenden 2 Ausgangsvektoren beobachtet: «Kompromittierung aufgrund einer fehlenden 2-Faktor-Authentifizierung, bei legitimen, dem Internet ausgesetzten Diensten des Unternehmens (z. B. VPN, Citrix, RDP) unter Verwendung gestohlener oder erratener Anmeldedaten der Mitarbeiter» oder «Ausnutzung von Sicherheitslücken (z. B. veraltete VPN-Software wie Pulsesecure oder Sonicwall)».
  • Dieser Beitrag ist zuerst auf dem IT-Nachrichtenportal «Inside-IT» erschienen. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Epic, Cistec, Ine: Gravierende Löcher bei Schweizer KIS

Das Nationale Testinstitut für Cybersicherheit prüfte die Klinikinformationssysteme grosser Spitäler - und entdeckte Sicherheitslücken, die Zugriff auf Patientendaten ermöglichten.

image

Medbase expandiert in der Westschweiz

In Bulle plant die Praxis-Gruppe ein neues medizinisches Zentrum.

image
Gastbeitrag von Esther Wiesendanger

Da sind steigende Gesundheitskosten ja nur logisch

Getrennte Apotheken in Gruppenpraxen, Impfverbote in der Pflege, teure Zusatzkontrollen: Groteske Behörden- und Kassenentscheide lähmen die Versorgung. Sind wir Ärzte eigentlich Komiker?

image

Pallas Kliniken streichen 20 Stellen

Das Familienunternehmen will sich am Hauptsitz in Olten auf weniger Fachbereiche fokussieren.

image

Geschafft: Vidymed bringt die Lage wieder unter Kontrolle

Der Ransomware-Angriff auf die Praxis-Gruppe stellte die Ärzte vor enorme Belastungen. Sogar psychologische Betreuung wurde nötig. Doch nun gibt es viel Licht am Ende des Tunnels.

image

Notfallpauschalen: FMH und Prio.Swiss haben eine Lösung

Einerseits sollen angestellte Ärztinnen und Ärzte die Zuschläge ebenfalls erhalten. Andererseits fahnden die Krankenkassen nach Fällen, wo aus den Inkonvenienzpauschalen ein Business gemacht wird.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.