Zauberwort Medical Master

Der Bund will den Ärztenachwuchs fördern und darum die Zahl der Studienplätze erhöhen. Landauf, landab bauen Universitäten Masterlehrgänge auf – und bringen sich für die Bundesgelder in Stellung. Hier der Stand der Pläne.

, 22. Februar 2016 um 07:00
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Mit 100 Millionen Franken will der Bundesrat dazu beitragen, dass die Zahl der inländischen Medizinabschlüsse steigt. Durch die Förderung des Ärztenachwuchses im Inland, so das Kalkül, müssten künftig weniger ausländische Fachkräfte rekrutiert werden. 
Fast jeder dritte Mediziner in der Schweiz hat ein ausländisches Diplom. Der Bundesrat erwartet, dass die Kantone dank diesen Mitteln die Zahl der Abschlüsse in Humanmedizin von heute rund 900 bis ins Jahr 2025 auf 1'300 erhöhen (siehe hier). 

Verteilkampf ausgebrochen

Mit der Bildungsoffensive ist ein Buhlen um die Bundesmillionen ausgebrochen. Die Universitätskantone planen neue Ausbildungsgänge oder zusätzliche Studienplätze für Medizin, für die sich sich um die Bundesgelder bewerben. Wie und nach welchen Kriterien die Bundesmillionen verteilt werden sollen, ist noch unklar. 

Dies sind die Projekte

Freiburg: An der Universität Freiburg können heute angehende Ärzte das Studium bis zum Bachelor absolvieren und an einer der fünf anderen Universitäten fortsetzen, die über eine komplette Medizinische Fakultät verfügen: Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich. Die Universität Freiburg will nun zum Bachelor-Abschluss hinzu künftig auch einen Master mit Vertiefung Hausarztmedizin anbieten. 
Luzern: Die Universität Luzern bietet schon heute ein Masterstudium in Health Sciences an. Künftig sollen dort auch «richtige» Mediziner ausgebildet werden: Eine Machbarkeitsstudie soll zeigen, ob der Kanton in die medizinische Ausbildung einsteigen soll. Laut der «Neuen Luzerner Zeitung» handelt es sich um einen so genannten Joint Master, der zusammen mit einer anderen Universität angeboten werden soll. 
Nebst dem Aufbau eines Medizin-Masterstudiengangs steht in Luzern eine weitere Idee im Raum: Die einer Medical School. Dabei sollen Absolventen eines naturwissenschaftlichen Bachelor­studiums eine klinische Ausbildung anhängen können, etwa am Kantonsspital Luzern (siehe Box unten). Für die Ausbildung müsste eine ganze Infrastruktur aufgebaut werden.
St. Gallen: Das Kantonsspital St. Gallen soll zu einem akademischen Lehrspital ausgebaut werden und einen Medical Master anbieten. Thema sind der Aufbau eines Masterstudiengangs mit externem Bachelor oder ein Vollstudium mit Bachelor- und Masterabschluss. Schon 2018 soll der erste medizinische Studiengang starten. Als mögliche Kooperationspartner gelten Universität Zürich, ETH Zürich und Uni Luzern. Die Resultate der Evaluation sollen im Frühling vorliegen. 
Zürich: Der Kanton Zürich verfügt bereits über eine Medizinische Fakultät an der Universität und bietet 300 Studienplätze in Humanmedizin an. Ab 2017 können angehende Ärzte ihre Bachelor-Ausbildung auch an der ETH absolvieren. Die ETH Zürich plant, einen neuartigen Studiengang Medizin anzubieten, und zwar zusammen mit der Universität Zürich, die Universität Basel und der Università della Svizzera Italiana. Die Studierenden würden dabei ihren Bachelor an der ETH Zürich und ihren Master an einer der Partneruniversitäten anbieten. Der Bachelorstudiengang für 100 Studierende soll im Herbst 2017 starten und ist als Pilotprojekt auf sechs Jahre angelegt.  
Tessin: Die Università della Svizzera Italiana bietet ab 2019 einen Master-Studiengang in Medizin an, rechtzeitig für die ersten Bachelor-Abgänger der ETH.
Westschweiz: Die EPFL Lausanne plant ein ähnliches Konzept wie die ETH Zürich, allerdings in Zusammenarbeit mit den Universitäten Lausanne und Genf.

Entscheid im Januar 2017

Der Fahrplan sieht etwa so aus: Die Rektorenkonferenz koordiniert die Projekte der verschiedenen Hochschulen. Im September prüft der Ausschuss Hochschulmedizin der Hochschulkonferenz alle Gesuche für zusätzliche Studienplätze für Mediziner. Bis Ende Jahr soll die parlamentarische Beratung in Bern abgeschlossen sein. Im Januar 2017 entscheidet der schweizerische Hochschulrat, wie die Bundesmillionen verteilt werden. 
Medical Schools sind vor allem im angelsächsischen Raum verbreitet. Das System seht vor, dass Absolventen eines naturwissenschaftlichen Bachelors eine dreijährige klinische Ausbildung an einer Medical School anhängen können. Es führt dazu, dass mehr Studenten ein klinisches Medizinstudium antreten können.
Eine im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) erstellte Studie, die sich der Ärzteausbildung widmet, empfiehlt die Errichtung von Medical Schools. Verfasser ist der ehemalige Rektor der Uni Basel, Antonio Loprieno.
Die Vorteile: Die Zahl der medizinischen Abschlüsse erhöht sich, da mehr Bachelor-Zugänge eine medizinische Ausbildung ermöglichen. Ausserdem sei die Ausbildung vermehrt dem Wettbewerb ausgesetzt. Eine Einbindung der Kantonsspitäler ins Ausbildungssystem der Medical School könnte das Problem der mangelnden Spitalbetten, die für Forschung und Lehre zur Verfügung stehen, entschärfen.
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