Notfallgebühr: «Lenkungsabgabe» oder mehr Selbstbehalt?

Die Gesundheitskommission will einen finanziellen Anreiz schaffen, so dass Personen in Bagatellfällen seltener die Notfallaufnahme aufsuchen. In Frage kommen zwei Varianten.

, 3. Februar 2023 um 17:43
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Die Gebühr soll die Spitalnotfallstationen von Bagatellfällen entlasten. | cm
Die nationalrätliche Gesundheitskommission gibt den Auftrag, zwei Varianten für eine Bagetellfälle-Gebühr in der Spitalnotfallaufnahme zu erarbeiten. Das hat sie am Freitag mit 15 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung beschlossen. Ziel ist es, die derzeit hohe Belastung der Spitalnotfall-Aufnahmen zu verringern, indem ein finanzieller Anreiz geschaffen wird, so dass Personen in Bagatellfällen seltener die Notfallstation aufsuchen.
Die erste Variante soll eine «Lenkungsabgabe» vorsehen, die immer dann zu entrichten ist, wenn eine versicherte Person eine Notfallbehandlung in Anspruch nimmt. Personen, die aufgrund eines «tatsächlichen» Notfalls die Spitalnotfallaufnahme aufsuchen, sollen von der Abgabe befreit sein, wie aus einer Mitteilung hervorgeht.
Die Definition eines Notfalls soll sich dabei auf diesen Artikel des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung stützen, der soeben vom Parlament verabschiedet wurde und demnächst in Kraft tritt.

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KVG Entwurf

Kinder und Schwangere ausgenommen

Auch die zweite Variante setzt auf einen finanziellen Anreiz: In diesem Fall jedoch in Form einer Erhöhung des Selbstbehalts von 50 Franken zulasten der versicherten Person, falls diese die Notfallaufnahme aufsucht, ohne von einem Arzt, von einem Zentrum für Telemedizin oder von einer Apothekerin dorthin geschickt worden zu sein.
In beiden Varianten sollen Kinder bis zum Alter von 18 Jahren und schwangere Frauen von diesen Zusatzkosten befreit werden.

Abschreibung fand keine Mehrheit

Einige Kommissionsmitglieder wollten andere Ansätze verfolgen, um die Spitalnotfall-Aufnahmen zu entlasten. Ein Antrag auf eine Kommissionsmotion, welche den Bundesrat beauftragt hätte, Massnahmen zu ergreifen, die mit den betroffenen Verbänden abgestimmt sind und sich an den im Ausland praktizierten Modellen orientieren, wurde mit 12 zu 12 Stimmen und Stichentscheid der Präsidentin Céline Amaudruz abgelehnt.
Mit 13 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung keine Mehrheit fand auch ein Antrag auf Abschreibung der Initiative.
Lesen Sie auch:
  • «Warum Notfallprofis eine Gebühr für Bagatellfälle ablehnen»

  • Notfallgebühr
  • gesundheitspolitik
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