Der Genfer Chirurg Philippe Morel ist unter Druck. Dies, weil er sich von Regierungsrat und FDP-Parteikollegen Pierre Maudet im Operationssaal einen Besuch abstatten liess. Das Unispital hat Anzeige erstattet. Dabei geht es nicht nur um den vom Spital erhobenen Vorwurf, der Politiker habe mit dem Operationsroboter an der Patientin hantiert - sondern auch um die Frage, ob die Patientin dem Besuch zugestimmt hatte. Das Spital sagt, eine Bewilligung sei nicht eingeholt worden. Der Operateur widerspricht. Er verteidigt sicht zudem mit der Aussage, dass solche Besuche häufiger vorkommen - alleine in diesem Jahr seien es bereits 27 gewesen.
Eine Umfrage der «Sonntags Zeitung» zeigt, dass solche Besuche in anderen Spitälern eine Ausnahme sind. Der Operationssaal sei «eine Tabuzone» für Besucher, wird etwa das Kantonsspital Baden zitiert. Und eine Sprecherin des Unispitals Zürich sagt im Artikel: «Zutritt zu Operationen haben grundsätzlich nur Personen, die aus medizinischen und fachlichen Gründen in die Operation involviert sind.» Dazu gehörten etwa Studenten.
«Das müssen sich Patienten nicht gefallen lassen»
Die Spitäler sagen, dass ab und zu Dritte im Operationssaal seien - etwa Vertreter von Implantatherstellern. Doch einfach aus Neugier dürfe niemand in den OP. Es sei nicht möglich, einzig aus Interesse dabei zu sein, wird ein Sprecher des Kantonsspitals St. Gallen zitiert. Diese Haltung teilt die Rechtsprofessorin Regina Aebi-Müller. Ein Patient müsse sich nicht grundlos gefallen lassen, «Anschauungs- und Ausstellungsobjekt» oder «Objekt der Neugierde» eines Politikers zu sein.
Wenn Dritte bei der Operation dabei sind, muss ein Spital stets eine Bewilligung einholen. Sonst verletzen sie die Persönlichkeitsrechte des Patienten. Dass die meisten Spitäler dies mündlich machen, findet Susanne Hochuli vom Schweizerischen Patientenschutz (SPO) nicht in Ordnung. Gemäss Gesetz ist dies zwar ausreichend, gemäss Rechtsprofessorin Aebi-Müller können für die Spitäler jedoch Beweisprobleme entstehen.
Damit Einwilligung in jedem Fall gültig ist, darf sie nicht von der operierenden Person selbst eingeholt werden, so Aebi-Müller in der «Sonntags Zeitung». Wer schwer krank sei, werde dem Chirurgen kaum Nein sagen, in dessen Händen das eigene Leben liege.