SVP wittert Lohndumping in Spitalapotheke

Genf hat seit Kurzem eine Publikumsapotheke, die von Apothekern und Unispital HUG gemeinsam betrieben wird. Die SVP stösst sich nun am Anteil der Grenzgänger unter den Pharmazeuten.

, 12. Mai 2017 um 10:03
image
  • pharmazie
  • lohn
  • apotheken
  • medikamente
  • genf
24 Stunden geöffnet, 365 Tage im Jahr: Ende April lancierten die Genfer Apotheker und die Unikliniken HUG eine grosse Publikumsapotheke im Spital. Rund 2 Millionen Franken soll der Umsatz betragen; Genfs Gesundheitsdirektor Mauro Poggia nannte das neue Angebot bei der Eröffnung «einen grossen Gewinn für die Patienten».
Jetzt aber kommt Widerspruch auf: Die Genfer SVP meldete sich gestern zu Wort – sie stellte hier einen Beispielfall für die Problematik der Personenfreizügigkeit und der Grenzgänger fest. Insgesamt gefährde die neue Gross-Apotheke rund 300 bestehende Stellen in Genf, mutmasst die Volkspartei. Im Hintergrund steht, dass sich tatsächlich kleinere Anbieter durch den zentralen Rundum-Service bedroht fühlen.

«Deutlich schlechter entlöhnt»

Der springende Punkt für die SVP ist aber ein anderer: Von rund zehn Apothekern, die von der Spitalapotheke «Pharma24» bislang angestellt wurden, seien drei Grenzgänger. Damit wiederhole sich das Muster der grossen Apothekenketten, welche gern Pharmazeuten aus der EU ins Land holten. Vor allem: «Laut unseren Informationen werden diese drei Personen deutlich schlechter entlöhnt als Apotheker mit einem Schweizer Diplom.»
Die SVP wende sich «avec force» gegen dieses «dumping salarial», so das Communiqué. Immerhin habe man es mit einer quasi-staatlichen Apotheke zu tun, und Regierungsrat Poggia rede ansonsten ja als Verteidiger der Genfer Bevölkerung; Mauro Poggia gehört dem MCG Mouvement citoyens genevois an, das ebenfalls gern zum Rechtspopulismus gezählt wird.

«Diffamierung»

Der Präsident der «Pharma24», Jean-Luc Forni, widerspricht: In der «Tribune de Genève» warf er der SVP Diffamierung vor. Tatsächlich arbeite ein Grenzgänger mit ausländischem Diplom in der Apotheke; die beiden anderen Kollegen hätten einen Schweizer Abschluss – sie lebten einfach wegen des Wohnungsmangels in Frankreich. Bei den Gehältern gebe es «aucune différence, aucune discrimination». Unterschiede erklärten sich einzig aus Erfahrung und Verantwortlichkeiten.
Die SVP will den Fall nun kommende Woche im Genfer Kantonsparlament zur Sprache bringen.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Grüne wollen Gehälter von Gesundheitsmanagern deckeln

Nationalrätin Sophie Michaud Gigon hat eine Motion eingereicht, welche die Gehälter von Krankenkassenmanagern begrenzen soll. Die Regelung soll auch für andere Führungspositionen im Gesundheitswesen gelten.

image

Apotheke kooperiert mit Ärzten – Kritik aus Fachverband

In Küsnacht kooperieren eine Apotheke und eine Hausarztpraxis neu unter einem Dach. Der Apothekerverband begrüsst das Modell, der Haus- und Kinderärzteverband Zürich warnt vor Qualitätsrisiken.

image

Antwort auf «Mental Health Crisis»: Neue Stiftung sucht andere Therapien

Die Consciousness & Mental Health Foundation startet ein Ausbildungs- und Forschungsprogramm zu neuen Behandlungsformen. Damit soll Genf zu einem internationalen Bezugspunkt für Innovation in der Psychiatrie werden.

image

Apotheken: Mehr Bedeutung, weniger Nachwuchs

Die Zahl der Apotheken in der Schweiz bleibt konstant – der Arbeitsaufwand steigt. Laut der Jahresstatistik von Pharmasuisse nehmen Beratungen zu, während das System personell an Grenzen stösst.

image

Swica zahlt wieder für Genfer Privatkliniken

Die anderen grossen Kassen haben sich bereits mit den Spitälern geeinigt. Nun hat auch die Swica wieder einen Vertrag für ihre Privat- und Halbprivatpatienten in drei Genfer Kliniken.

image

Medikamente: Nationalrat lehnt einfachere Zulassung ab

Im Unterschied zum Ständerat will der Nationalrat nichts wissen von einer erleichterten Einfuhr patentabgelaufener Medikamente.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.