Das Ergebnis der St. Galler Studie war klar:
Bei Eingriffen im Zusammenhang mit Speiseröhren-, Magen-, Bauchspeicheldrüsen- und Mastdarmkrebs korrelieren tiefe Fallmengen mit einer erhöhten Sterblichkeit. Auch andere Studien zeigen die negativen Auswirkungen von tiefen Eingriffszahlen. Der Kanton Zürich führt deshalb nach Mindestwerte pro Klinikum per Anfang 2019 auch Mindestmengen pro Operateur ein. Mindestmengen sollen nicht nur zu einer einer massgeblichen Qualitätsverbesserung und erhöhten Patientensicherheit führen, sondern längerfristig auch zu tieferen Behandlungskosten. Der Bund verzichtet aber auf nationale Vorgaben. Dies obschon die Fallzahlen in der Schweiz häufig sehr tief sind. Dies zeigt eine neue Studie des Krankenkassenverbands Santésuisse. Die noch unveröffentlichte Studie liegt Medinside vor. Die Studie vergleicht die Schweizer Fallzahlen mit Zahlen aus Deutschland.
In Deutschland legt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA), der von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und Spitälern selbstverwaltet wird, verbindliche Mindestfallmengen fest. Noch weiter geht die Technische Universität (TU) Berlin. Diese hat aufgrund der Mortalitätsstatistik Soll-Mindestmengen errechnet. Diese sind deutlich höher als die Vorgaben des Bundesausschusses. Für ihre Untersuchung hat Santésuisse die Zahlen der Schweizer Spitäler mit den deutschen Vorgaben verglichen. Dies für vier Eingriffe. Das Resultat ist ernüchternd. Bei Hüft-Endoprothesen etwa erreichten nur 21 der 117 Kliniken, die im Jahr 2016 mindestens einen Fall hatten, den Sollwert der TU Berlin.
Beim Kniegelenkerstaz waren es gar nur 10 von 118 Kliniken und bei Operationen an Koronargefässen 2 von 20. Auch die tiefer angelegten Mindestfallmengen des (GBA) erreichten etwa bei Eingriffe an Lunge und Bronchien nicht einmal die Hälfte der Schweizer Spitäler.
Santésuisse fordert den Bund deshalb auf, für die Kantone Vorgaben verbindliche Mindestfallzahlen zu erlassen. Mehrere Interessenvertreter äussern sich in einem am Freitag von den Tamedia-Zeitungen publizierten Artikel kritisch zu diesem Vorschlag. «Wir fragen uns (...), ob Mindestfallzahlen auf Bundesebene wirklich das adäquate Mittel sind, um die Qualität zu steigern», wird Dorit Djelid vom Spitalverband H+ zitiert. «Misst man die Fallzahlen pro Spital, sagt das wenig über die Erfahrung des Operateurs oder des Operationsteams aus.» Auch die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK) ist skeptisch. «Würde der Bund aber diese Kompetenz bei sich zentralisieren, griffe er ziemlich tief in die kantonale Hoheit ein», sagt Generalsekretär Michael Jordi im Artikel. Doch auch für ihn sei klar, dass Mindestfallzahlen die Qualität verbesserten.