Wenn die KI sagt, dass es Zeit ist fürs Hospiz

In einem US-Spital läuft ein heikler Test: Ein Künstliche-Intelligenz-Programm eruiert Patienten für Palliative Care.

, 6. Februar 2024 um 06:00
letzte Aktualisierung: 19. August 2024 um 06:57
image
Symbolbild: Medinside, erarbeitet mit Midjourney.
Künstliche Intelligenz und Palliativbetreuung: Das ist eine Kombination, die auf den ersten Blick vielleicht befremdend wirkt. Und auf den zweiten Blick auch. Darauf deutet jedenfalls ein Bericht hin, der sich mit einem Pilotprojekt des renommierten Gesundheitssystems Mass General Brigham in Boston befasst.
Der Test läuft seit letztem Jahr – und erste Ergebnisse wurden Ende Januar 2024 beim Online-Kongress «Value Based Summit» vorgestellt sowie vom Fachmagazin «Fierce Healthcare» dargelegt.
Die Idee: Ein KI-System könnte nicht nur – wie in anderen Fällen gezeigt – präziser sein in der Entdeckung von Tumoren oder der Beantwortung von Patientenfragen. Sondern es ist womöglich auch besser in der Lage, Patienten zu erkennen, bei denen eine Palliativbetreuung richtig ist. Oder zu erkennen, wann man einen Menschen idealerweise in ein Hospiz überweist.
Mit der Folge, dass sich dadurch viel Geld sparen lässt.

Weniger Kosten, mehr Lebensqualität

Konkret testete Mass General Brigham in einem seiner Akutspitäler bei Boston ein System namens Smart Hospice. Dort lag die Quote der Überweisungen von Patienten in ein Hospiz leicht unter dem nationalen Durchschnitt. Nach Beginn des Tests mit Smart Hospice wurden 9 Prozent der Medicare-Patienten vom System zur Prüfung empfohlen; dies wiederum führte dazu, dass im Verlauf von sechs Monaten 40 Patienten auf der Station eine Palliativ-Konsultation erhielten. 17 dieser Menschen wären ohne die Beobachtung durch das Smart Hospice-System nicht als Palliativ-Patienten erkannt respektive definiert worden.
Die Rechnung, die das Spital nun vorlegt: 13 Patienten wechselten ins Hospiz anstatt im Spital zu verbleiben; dadurch sparte das System 850’000 Dollar an Gesundheitsausgaben ein – wobei auch die Lebensqualität der Patienten stieg.
Insgesamt ist das Ziel hinter dem Pilotprojekt, die stationäre Kapazität zu verbessern und die begrenzte Bettenzahl in den Akutspitälern jenen Patienten zur Verfügung zu stellen, die sie am meisten benötigen.

Abkehr von der Intensivbetreuung

Oder nochmals anders formuliert: Das KI-System soll auch helfen, von der Intensivbetreuung am Lebensende etwas abzukommen und zurückhaltendere palliative Wege zu finden.
Dabei stellen die Macher der Herstellerfirma Radial klar, dass am Ende immer die Ärzte entscheiden müssen. Doch ihr System – gefüttert mit den Gesundheitsdaten und -werten der Patienten – sei eben auch stärker in der Lage, vom aktuellen Zustand zu abstrahieren und die langfristige Weiterentwicklung zu erkennen.
Deshalb biete es eine bessere Entscheidungs- respektive Beratungsgrundlage für die Mediziner.

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Zürcher Krankenhäuser und Versicherer haben sich geeinigt

Nun ist ein jahrelanger Streit beendet: Die Zürcher Spitäler vereinbaren mit Helsana, Sanitas und KPT einen Taxpunktwert von 93 Rappen - ein Kompromiss.

image

Balgrist-Team behandelt im Spital Männedorf

Das Spital Männedorf hat eine neue Klinik für Orthopädie und Traumatologie. Das Team kommt vom Balgrist.

image

Solothurner Spitäler: Bericht zu CEO-Lohn bleibt vorerst geheim

Noch ist unklar, ob Zusatzzahlungen an den Ex-Chef der Solothurner Spitäler rechtens waren. Der Bericht dazu ist da - aber nicht öffentlich.

image

Der SGAIM Teaching Award 2024 geht an Steffen Eychmüller

Der Preisträger arbeitet am Inselspital, lehrt in Bern und engagiert sich seit Jahren bei der Formung des Curriculums der Palliativmedizin.

image

Kispi wegen «Riesenfete» kritisiert – doch die Köche arbeiten gratis

Das überschuldete Kinderspital Zürich feiere seinen Neubau mit einem Michelin-Sternkoch, schreibt ein Online-Medium provokativ.

image

Weitere Umstrukturierung bei Hirslanden – Thomas Bührer in die Konzernleitung

Die Spitalgruppe schafft intern eine neue «Region Mittelland». Damit sollen die Versorgerregionen auch näher an der Konzernleitung sein.

Vom gleichen Autor

image

Villa im Park: Keine Entbindungen mehr

Die Privatklinik verzichtet auf den Leistungsauftrag Geburtshilfe – vor allen wegen Personalmangel, aber auch wegen sinkenden Geburtenzahlen.

image

Wie die BAB-Vorschriften die Versorgung erschweren

Ambulant statt stationär? Was politisch gewollt ist, wird amtlich verhindert – dazu ein neues Beispiel aus dem Aargau.

image

Neues Chirurgisches Zentrum am Zürichsee

Das Zentrum Seechirurgie richtet sich gezielt auf den Trend zum ambulanten Eingriff aus.