Tardoc: Haus- und Kinderärzte protestieren

Der Verband mfe fordert in deutlichen Ton die Einführung des neuen Tarifsystems auf spätestens 2026.

, 10. Mai 2024 um 10:54
image
Am Ende mit der Geduld: Das neue MFE-Co-Präsidium mit Sébastien Jotterand und Monika Reber – hier mit dem bisherigen «Mr. Hausarzt», Philippe Luchsinger  |  Bild: Hausärzte Schweiz
Es ist eine geharnischte Protestnote mit diversen Ausrufezeichen, welche mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz vor Auffahrt versandte: «Schluss mit den politischen Ränkespielen bei Tardoc!», so der Titel.
Der Verband der Haus- und Kinderärzte stellte dabei auch eine ganz konkrete Forderung: Das neue Tarifsystem «muss spätestens per 1. Januar 2026 in Kraft gesetzt werden, den Entscheid dafür muss der Bundesrat bis spätestens am 31. August 2024 fällen und kommunizieren, damit die Akteure Zeit haben zur Umsetzung.»
Auslöser war offenbar eine Idee, welche die ständerätlichen Gesundheitskommission aufgebracht hatte: Danach soll die Zahl der abrechenbaren Tarmed-Leistungen pro Tag beschränkt werden. Und obendrein unterstützt das Ständerats-Gremium per Kommissionspostulat die rasche Einführung von Pauschalen, ohne zugleich «auf die Dringlichkeit von Tardoc hinzuweisen», die der Grundversorger-Verband feststellt.
Im Hintergrund steht auch, dass das Innen-Departement EDI mit der Idee liebäugelt, ein System mit ambulanten Pauschalen gemeinsam mit Tardoc einzuführen – «im Sinne eines kohärenten Tarifsystems». Dies hätte zur Folge, dass der alte Zustand nochmals verlängert würde und Tardoc bestenfalls 2027 möglich würde.
«Politische Ränkespiele wie mit Tardoc laufen allen Bemühungen um Nachwuchsförderung zuwider.»  Monika Reber, Co-Präsidentin MFE.
«Seit bald fünf Jahren verzögert der Bundesrat die Einführung von Tardoc und damit ein neues, modernes Tarifsystem für die Abrechnung von ambulanten ärztlichen Leistungen», kommentieren die Hausärzte die Entwicklung. Und weiter: «Seit über zehn Jahren arbeiten die Tarifpartner an einem ambulanten Tarif, der den veralteten Tarmed ablösen soll. Vor fast fünf (!) Jahren legten sie dem Bundesrat Tardoc zur Genehmigung vor, ein modernes, verschlanktes und genehmigungsfähiges Tarifwerk für die ambulante ärztliche Versorgung. In mehreren Runden haben sie seither geduldig vom Bundesrat verlangte Korrekturen vorgenommen und zahlreiche Zusatzbedingungen erfüllt.»
Deshalb erwarte man den – positiven – Tardoc-Entscheid für diesen Frühling. Schliesslich weise das Pauschalen-System gravierende Mängel auf: Es sei noch gar nicht bereit.
Was mit Tardoc laufe, sei verheerend, sagt Monika Reber, die neue Co-Präsidentin des Verbands: «Die Jungen sehen auch, wie die Politik mit uns Haus- und Kinderärzt:innen umgeht. Politische Ränkespiele wie mit Tardoc laufen allen Bemühungen um Nachwuchsförderung zuwider.»
Andererseits seien die älteren Ärzte, die über das Pensionierungsalter hinaus arbeiten, zunehmend frustriert: «Sie warten schon lange auf Tardoc. Die Zeche bezahlen am Ende die Patient:innen, das ist inakzeptabel.»
  • praxis
  • tardoc
  • Tarifsystem
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Warum Spitäler gesetzeswidrige Verträge unterschreiben

Hplus-Direktorin Anne-Geneviève Bütikofer erklärt, weshalb Spitäler Tarifverträgen beitreten, obschon die Tarife nicht kostendeckend sind.

image

Deutschland: «Wir haben 50’000 Ärzte zuwenig ausgebildet»

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach warnt vor einer ganz schwierigen Versorgungslage: «Das kann man sich noch gar nicht richtig vorstellen.»

image

Spital Männedorf verärgert Goldküsten-Kinderärzte

Die neue Spital-Kinderarztpraxis in Männedorf sorgt für rote Köpfe bei den ansässigen Pädiatern. Es ist von Falschaussagen und einem Abwerben der Neugeborenen die Rede.

image

Arzt-Rechnung an Patienten statt an Kasse: Das empfiehlt die FMH

Immer mehr Krankenkassen wollen Arzt-Rechnungen direkt begleichen. Die FMH hingegen empfiehlt: Die Rechnung soll zuerst an die Patienten gehen.

image

Arzt wies Patienten ab – wegen seiner Parteizugehörigkeit

Dieser Fall versetzte Deutschland in Aufruhr: Ein Hausarzt wollte einen Patienten nicht mehr – weil er bei der AfD-Partei ist.

image

Migros: 1,3 Milliarden Umsatz im Gesundheitswesen

Der Detailhandels-Konzern baut sein Healthcare-Netzwerk auch nach dem Abgang von Fabrice Zumbrunnen aus.

Vom gleichen Autor

image

Spitalkrise? Thurmed bezahlt sogar Dividenden

Die Thurgauer Kantonsspital-Gruppe durchlebt zwar ebenfalls ein schwierige Zeit. Sie kann aber immer noch einen namhaften Gewinn vermelden.

image

Endokrinologie und Infektiologie: Teamwork von Zürich und Dresden

Die TU Dresden, die ETH und die Universität Zürich starten eine enges Forschungsprojekt zu Infektionsmedizin und zur Erforschung von Stoffwechselprozessen.

image

Auch im Wallis sollen Apotheker freier Medikamente abgeben können

Dabei geht es nicht nur um tiefere Kosten – sondern auch um die Versorgung in Gegenden mit geringer Ärztedichte.